»Manege frei!« für den Maulhelden

Ein fieser Säufer und ätzender Zeitgenosse - die Figur des Falstaff hat es in Shakespeare-Dramen immer wieder auf die Bühne geschafft. Nun macht Andreas Marber den trinkfreudigen Maulhelden zur Hauptfigur. Am Samstag feiert »Falstaff« Uraufführung im Großen Haus des Stadttheaters - und ist bei Regisseur Malte C. Lachmann und Schauspieler Tom Wild in der Titelrolle in allerbesten Händen.
Er säuft, pöbelt, ist ein vergnügungssüchtiger Maulheld: Die Figur des Falstaff ist gleich in mehreren »Heinrich«-Dramen von Shakespeare Nebenfigur. Auch »Die lustigen Weiber von Windsor«, in denen Sir John Falstaff in völliger Selbstüberschätzung gleich zwei Frauen die Ehe verspricht, sollen als Auftragswerk entstanden sein, weil Königin Elisabeth I. sich so sehr über den dicken Ritter amüsierte und mehr von ihm sehen wollte. Doch als Titelheld - abgesehen von mehreren Opern - erlebt »Falstaff« nun im Stück von Andreas Marber seine Premiere. Uraufführung ist am Samstag im Großen Haus des Stadttheaters.
Wie Regisseur Malte C. Lachmann und Dramaturgin Marisa Wendt im Pressegespräch vor der Premiere berichten, verdichtet das 2018 geschriebene Stück »Falstaff« die in den Heinrich-Dramen beschriebenen Szenen zur abendfüllenden Biografie. Mit einer so eigenwilligen wie heutigen Sprache erzählt es von den negativen Eigenschaften Falstaffs, seiner merkwürdigen Beziehung zum Prinzen Heinrich und dem, was toxische Männlichkeit, Männerbünde und vulgäre Macho-Rituale ausmacht. Die Bühne von Ausstatterin Kathrin Krumbein - eine Mischung aus Zirkusmanege und Truppenübungsplatz - bietet den Raum für das groteske Spiel. Hier werden Missstände mit clownesken Elementen vorgeführt, hinterfragt und überzeichnet - Zuckerwatte und Puppen, wie sie für Schießübungen verwendet werden, inklusive. »Es beginnt wie eine Farce und endet in der Tragödie - wir versuchen, das ästhetisch mitzugehen«, berichtet Lachmann.
Auch die Musik ist dabei wichtig. Ein Trio mit Marcel Rudert (Gitarre, Snare Drum, Irische Bouzuki), Patricia Pinheiro (Oboe, Englischhorn) und Aleksander Zhibaj (Cello) zitiert nicht nur die Opernmusik, sondern unterstreicht die Kneipenatmosphäre, in der Falstaff seine derben Späße auf Kosten anderer macht.
Die Titelrolle übernimmt Tom Wild, Lachmanns »Wunschbesetzung«. Der könne nicht nur die monologlastige Rolle ausfüllen, sondern auch den besonderen Humor bedienen. Zudem schaffe er es, den unsympathischen Falstaff »von innen lieb zu haben«. Obwohl Lachmann in Absprache mit dem Autor den Text behutsam gekürzt hat, bleibt der Theaterabend bei rund drei Stunden - unterhaltsam, mit »fleischigen« Figuren und einem Falstaff, der endlich Hauptdarsteller sein darf.