Mal poetisch-ruhig, dann quirlig

Gießen (jou). Das Duo Anna-Lena Perenthaler (Cello) und André Dolabella (E-Piano) bot am Sonntag auf dem Schiffenberg ein unterhaltsames Basilika-Konzert rund um die weltfremde, zuweilen mürrische, gleichwohl sympathische stumme Bühnenfigur Pierrot. Perenthaler bereicherte das Programm durch kleine Schauspieleinlagen.
Aufhorchen ließ die Cellistin zu Beginn mit ihrer expressiven Spielweise und bis in flirrende Höhen klaren Tongebung in »O Trenzinho do Caipira« aus Heitor Villa-Lobos‹ »Bachianas Brasileiras«. Etwas blass blieb demgegenüber der Klavierpart: Das wohl aus Kostengründen zum Einsatz gekommene E-Piano erwies sich als klanglich nur mäßig differenzierungsfähig und wurde kaum dem künstlerischen Anspruch des Pianisten wie des Meisterkonzertvereins gerecht.
Der außerordentlichen Musikalität des vor über zwei Jahren gegründeten Duos war es zu verdanken, dass es dennoch ein hörenswertes Konzert wurde. So gerieten das melodisch bezaubernde Lied »Pierrot« oder der atmosphärisch aufgeladene »Prolog« aus Claude Debussys Sonate d-Moll zur Wohltat fürs Gemüt. Von ansteckender Fröhlichkeit war der Allegro-Kopfsatz der 1940 skizzierten und 1948 vollendeten Sonate von Francis Poulenc.
Durchweg horchte das Duo genau aufeinander, so auch in Camargo Guarnieris »Ponteio« - die fantasievolle Interpretation kam einem poetischen Stimmungsbild gleich. Zurück in vitale Ausdruckswelten führte Guarnieris muntere »Danza« - da konnte man sich eine ausgelassene Feier vor Augen malen. Emotional besonders nahe ging der schwärmerische Ton bei Poulencs ohrwurmhaften Lied »Les chemins de l’amour«. Insgesamt beflügelten programmatische Überschriften das Vorstellungsvermögen, sie suggerierten, wie Pierrot sich verliebt und betrinkt oder durch die Gassen torkelt und versucht, Melusine am Balkon zu erreichen.
In Charles Trenets Chanson »Au clair de la lune« demonstrierte Perenthaler in Begleitung des Pianisten nicht nur gesangliches Talent, sondern gefiel zudem mit ihrer charmanten wie lockeren Ausstrahlung. Auch im weiteren Verlauf beeindruckte die Musizierfreude des Duos. Mal ergab sich ein reizvoller Kontrast zwischen trockenen Cello-Pizzikati und Klavier-Stakkati sowie Legato-Abschnitten, dann rissen quirlige Passagen mit. Solistische Akzente setzte Dolabella in Eric Saties »Gnossienne« Nr. 1 und Maurice Ravels »Pavane pour une infante défunte«, zwei poetisch-ruhigen Stücken. Eine große Ausdrucksbandbreite zwischen innerlichen Momenten und beschwingten bis kraftvollen Episoden konnte das Duo zum Schluss in den letzten drei Sätzen der Poulenc-Sonate unter Beweis stellen. Das sichtlich begeisterte Publikum würde gewiss deutlich zahlreicher ausfallen, wenn es künftig wieder einen Bus im Sonderverkehr zu den Basilika-Konzerten gäbe.