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1. Mai: Hunderte Menschen demonstrieren am Tag der Arbeit in Gießen

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Von: Sebastian Schmidt

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Die Demonstration des DGB zum Tag der Arbeit läuft durch die Schanzenstraße. Dort wird in einem Redebeitrag an die Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 erinnert. In der Schanzenstraße 18 befand sich damals das Gewerkschaftshaus des ADGB. © Sebastian Schmidt

Die Arbeiterinnen und Arbeiter zeigen sich am 1. Mai in Gießen »ungebrochen solidarisch«. So lautet das Motto der Demonstration des DGB am Tag der Arbeit.

Gießen - Hoch die internationale Solidarität! Hoch die internationale Solidarität!«, hallt die Losung der Arbeiterbewegung gestern Mittag durch die Bahnhofstraße. Bei Sonnenschein und gutem Wetter sind rund 600 Menschen dem Aufruf des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gefolgt und demonstrierten am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, durch die Innenstadt. Die Arbeiterinnen und Arbeiter setzten dabei nicht nur ein Zeichen für bessere Arbeitsbedingungen, sondern erinnerten auch an den Jahrestag der Zerschlagung der Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten am 2. Mai 1933.

Tag der Arbeit in Gießen: »Rauf mit den Löhnen, runter mit der Arbeitszeit!«

Klaus Zecher, Vorsitzender des DGB Mittelhessen, lobte gleich zu Beginn der Demonstration am Kirchenplatz die erfolgreichen Arbeitskämpfe des vergangenen Jahres, wie zuletzt am UKGM. Der Streik habe gezeigt, dass die Gewerkschaften wieder eine Kampfkraft entwickelt haben, um ihre Forderungen auch durchzusetzen. Auf der Demonstration forderten die Teilnehmer dann: »Rauf mit den Löhnen, runter mit der Arbeitszeit!«

»Alerta, Alerta, Antifascista«, wurde nicht nur aus dem »antikapitalistischen Block« der Demonstration gerufen. Denn angekommen in der Schanzenstraße erinnerte Stefanie Kraft von der IG Bauen-Agrar-Umwelt an die Zerschlagung der Gewerkschaften im Dritten Reich, nur wenige Monate nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Auch in Gießen wurden damals Gewerkschafter von Angehörigen der SA am 2. Mai 1933 aus dem Haus des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) in der Schanzenstraße 18 getrieben und in die Gaststätte »Trink aus« im Seltersweg gebracht. Dort wurden sie misshandelt und verprügelt, einige schließlich in das KZ Osthofen verschleppt.

Tag der Arbeit in Gießen: »Alle Räder stehen still, wenn unser starker Arm es will.«

Jan Meyer von der IG Bau Hessen forderte dann am Selterstor, dass das Motto des diesjährigen 1. Mai, »Ungebrochen Solidarisch«, nicht nur das Motto für einen Tag bleiben dürfe. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssten sich organisieren und zusammenhalten. Meyer kritisierte den Ausbau des Niedriglohnsektors, der dazu führe, dass vielen Menschen ein einzelner Job nicht mehr zum Leben ausreiche. Auch Tarifverträge seien auf dem Rückzug, immer weniger Menschen seien durch sie geschützt. Dabei gelte laut Meyer nach wie vor: »Alle Räder stehen still, wenn unser starker Arm es will.«

Am Gewerkschaftshaus in der Walltorstraße sagte Assis Hassan von der DGB-Jugend: »Der Arbeitgeberverband verlangt von uns mehr Bock auf Arbeit«. Worauf es von der Menge erst einmal ein lautstarkes Buhen gab. Jenny Jörges von den GEW Studierenden sagte dann: »Wir haben Bock auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.« Aber es könne nicht sein, dass Azubi-Gehälter nicht zum Leben reichen und es könne auch nicht sein, dass sieben Millionen Menschen in Deutschland in prekären Verhältnissen leben.

Nach der Demonstration fand das traditionelle Familienfest des DGB am Kirchenplatz statt. Wie Klaus Zecher sagte: »Wir kämpfen gemeinsam, und wir feiern gemeinsam.« (Sebastian Schmidt)

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