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Kunstspur vom Park ins Museum

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Von: Dagmar Klein

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Oehm_vonUnten_Jul2022_02_4c © Dagmar Klein

Im Stadtraum gibt es viele Kunstwerke, an denen die meisten achtlos vorbeigehen. Nur manchmal bleibt jemand stehen und schaut genauer hin. In der Regel bleiben Fragen, die sich vor der Kunst stellen, offen. Immerhin, manchmal gibt es Beschriftungen wie bei den Gießener Köpfen und im Theaterpark. Dagmar Klein, Stadtführerin seit 30 Jahren, beobachtet dies seit Längerem und hat überlegt, wie man das Thema anpacken könnte.

Mir fiel irgendwann auf, dass viele Bildhauer zugleich im Stadtraum und im Museum mit ihren Werken vertreten sind«, sagt Stadtführerin Dagmar Klein. Da war es für die Kunsthistorikerin naheliegend, eine Verbindung zu schaffen. Es sei unbefriedigend bei Freiluft-Führungen darauf hinzuweisen, dass sich im Museum weitere Kunst von xy befindet. »Dem Hinweis folgt kaum jemand«, so ihre Erfahrung.

Umgekehrt sei es schwierig, im Museum zu erklären, wo sich im Stadtraum Werke des Künstlers oder der Künstlerin befinden, weil Menschen die Orte entweder gar nicht kennen oder nicht genau hingeschaut haben. »Das möchte ich versuchen zu ändern.« Etwas, das in einer Stadt, die in dem Ruf steht, erst auf den zweiten Blick ihren Charme zu entfalten, zum Alltag des Stadtführungsteams gehört.

Fünf interessierte Gießener-innen waren am vergangenen Sonntagmorgen vor das Stadttheater gekommen, um an dieser neuen Kombinationsführung teilzunehmen. Sie erfuhren so einiges über die Künstler und deren Schaffen, über den Entstehungszusammenhang der Kunstwerke, auch über Kunst, die längst abgeräumt ist. Das älteste Werk im Theaterpark ist das Denkmal für den Physiker C. W. Röntgen, das sich der Initiative eines Galeristen und dem Zusammenwirken vieler Bürger und Institutionen verdankt. »Es war die erste moderne, also abstrakte Skulptur im Stadtraum von Gießen. Das wurde bereits von damaligen Rednern betont. Eine Zeitenwende sozusagen.« Dann folgen die drei »Gießener Köpfe« aus dem Kulturbereich, die überregional bekannt wurden: Bühnenbildner und Oscar-Preisträger Hein Heckroth, Komponist und Dirigent Hermann Levi sowie Architekt und Denkmalpfleger Hugo von Ritgen. An den Bronzeköpfen lassen sich unterschiedliche Herangehensweisen bei Porträtdarstellungen studieren.

Foto der Wellen-Mauer gesucht

Geprägt wird der Park von zwei hoch aufragenden Skulpturen: der Stein in der Höhe von drei Metallrohren gehalten (von Dieter Oehm) und die massiven Blöcke in einer Reihe seitlich vom Theater (von Gerhard Burk). Beide entstanden während des Bildhauersymposions 1984, das von Dieter Hangauer angeregt und mithilfe des Kulturamts organisiert worden war. Ausgerechnet Hangauers Werk, eine wellenförmig fließende Mauer, wurde allerdings abgeräumt, weil die Stadt sich nicht in der Pflicht sah, es zu restaurieren. Ein schönes Foto davon fehlt der Stadtführerin noch. Sie bittet um Mithilfe.

Elefantenbrunnen vor Blumen-Corso

Ebenfalls von diesem Bildhauersymposion stammt das niedrige, im Halbkreis aufgestellte Ensemble von behauenen Steinen auf der Wiese. Hier war Theo Ehrler der Schöpfer. Zwei weitere Skulpturen kamen in 2000er Jahren dazu, der tropfenförmig hochragende »Hades« von Henrik Wienecke und der »Hüter des Parks« von Sabine Lohmann.

Auf dem Weg zum Oberhessischen Museum nutzte Klein die Johannesstraße, auch um auf zwei nicht mehr vorhandene Brunnen hinzuweisen. Den kleinen Elefanten-Brunnen vor dem Blumen-Corso kannte niemand mehr, der ist schon zu lange weg, aber an den Brunnen an der Sparkasse konnten sich alle erinnern. Abgebaut wegen der Umbauarbeiten 2015 ist er bislang nicht wieder aufgebaut worden, stattdessen prangt eine unebene Betonfläche. Großes Bedauern in der Gruppe und die Hoffnung, dass sich bald was tut. Der Künstler war in diesem Fall Jürgen Hans Grümmer (Köln), der auch an anderer Stelle der Fußgängerzone seine Spuren hinterlassen hat.

Im Museum waren es vor allem Kleinskulpturen in den diversen Vitrinen, die von den Teilnehmerinnen teils sofort wiedererkannt und den Künstlern zugeordnet werden konnten, teils aber auch eine andere Werkphase zeigten und Staunen hervorriefen. Thematisch neu hinzu kamen zwei freistehende Metallplastiken von Hubert Schmitt, der auch am Symposion 1984 beteiligt war. Exklusives Highlight waren zwei Werke von Hangauer, die eigens aus dem Depot geholt worden waren: eine Grafik und ein Gipsrelief. In angenehmer Atmosphäre endete die Runde nach zwei Stunden mit angeregten Gesprächen.

Weitere Kunstspuren auf anderen Draußen-Wegen sind in Planung, die Termine werden im Museumsprogramm angekündigt: museum-giessen.de.

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Ehrler_innererBogen_2022_4c © Dagmar Klein
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MusFoyer_Levi-KopfKleins_4c © Dagmar Klein
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Spk_Brunnen1_020822_4c © Dagmar Klein

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