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Aus Krim-Annektion gelernt

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Von: Guido Tamme

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Vom Einmarsch Russlands in die Krim im Jahr 2014 war auch die Wissenschaft überrascht worden. Das räumt die Osteuropa-Expertin Prof. Gwendolyn Sasse ein. In der postsowjetischen Phase habe man sich durch das Autonomieabkommen von 1998 und den prowestlichen Kurs von Regierungschef Boris Jelzin beruhigen lassen. Erst das autokratische System Putin habe den latenten ethnologischen Konflikt um die Krimtataren wieder deutlich ins Bewusstsein gerückt, betont die wissenschaftliche Direktorin des Berliner Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien in Berlin.

Vom Einmarsch Russlands in die Krim im Jahr 2014 war auch die Wissenschaft überrascht worden. Das räumt die Osteuropa-Expertin Prof. Gwendolyn Sasse ein. In der postsowjetischen Phase habe man sich durch das Autonomieabkommen von 1998 und den prowestlichen Kurs von Regierungschef Boris Jelzin beruhigen lassen. Erst das autokratische System Putin habe den latenten ethnologischen Konflikt um die Krimtataren wieder deutlich ins Bewusstsein gerückt, betont die wissenschaftliche Direktorin des Berliner Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien in Berlin.

Bedauerlicherweise werde – so Sasse weiter – Kritik an der völkerrechtswidrigen Annexion hierzulande gern beschwichtigt mit dem Verweis darauf, dass die Krim »schon immer zu Russland gehört hat«. In der Zarenzeit sei das tatsächlich über zwei Jahrhunderte der Fall gewesen, doch werde bei dieser Sichtweise verkannt, dass die Region Krim seit Langem fest in den Südosten der Ukraine integriert sei.

In ihrem Festvortrag am Donnerstagabend in der Uni-Aula zur Eröffnung des neuen LOEWE-Schwerpunkts »Konfliktregionen im östlichen Europa« stellte Sasse, die seit zehn Jahren auch Politik-Professorin an der Universität Oxford ist, eine aktuelle Meinungsumfrage ihres Berliner Zentrums vor. Nicht nur wegen der Causa Krim sieht die 45-Jährige die allgemeine Empfehlung für die wissenschaftliche Konfliktforschung, schwelende Streitfälle über einen längeren Zeitraum zu analysieren und sich auch vorbeugend mit Problemlagen zu beschäftigen, die noch nicht gewaltsam eskaliert sind. Sie sei überzeugt, dass der neue LOEWE-Schwerpunkt am JLU-Zentrum östliches Europa dazu einen wichtigen Beitrag leisten wird.

Der Forschungsschwerpunkt wird um Zuge der wissenschaftlichen Exzellenzförderung des Landes Hessen bis 2020 finanziert. Neun Doktoranden, vier Post-Docs und zwei Koordinatoren – überwiegend aus Osteuropa stammend – haben sich zum Ziel gesetzt, mehr Deutungswissen als Voraussetzung für Lösungsstrategien bereitzustellen. Wie das im Detail gehen soll, erläuterten Prof Monika Wingender vom JLU-Osteuropazentrum und Prof Peter Haslinger vom Herder-Institut Marburg beim Festakt.

Der Begrüßung durch Uni-Präsident Prof. Joybrato Mukherjee folgten Grußworte von Prof. Thorsten Bonacker vom Zentrum für Konfliktforschung Marburg und Prof Iskander Gilyazov von der Partneruniversität in Kazan. Osteuropäische Klänge der Gruppe Mala Isbuschka umrahmten die Feier.

Zuvor war neben dem Uni-Hauptgebäude eine Außenstelle des Marburger Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung eröffnet worden. Sie soll eng mit dem Gießener Zentrum Östliches Europa und dem Zentrum für Medien und Interaktivität vernetzt werden. (Foto: Schepp)

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