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Konzept für Verkehrsversuch steht

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Von: Burkhard Möller

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Verkehrsversuch wird auch mit dem neuen Konzept voraussichtlich umstritten bleiben. Viele Radfahrer befürworten das politische Projekt.
Verkehrsversuch wird auch mit dem neuen Konzept voraussichtlich umstritten bleiben. Viele Radfahrer befürworten das politische Projekt. © Red/Archiv

Nach langer Vorplanung scheinen die Würfel beim Verkehrsversuch auf dem Anlagenring gefallen zu sein: Eine Expertengruppe schlägt vor, im kommenden Jahr eine Variante mit Radspuren auf der Innenseite und einem Einbahnstraßenverkehr auf den äußeren Spuren umzusetzen. Die Einschränkungen für den Autoverkehr seien »noch vertretbar«.

Zeit, dass sich was dreht.« Unter diesem Motto hätte am Dienstagabend auch die Sitzung des parlamentarischen Verkehrsausschusses im Rathaus stehen können. Grüne, blaue, rosafarbene und schwarze Kreise mit orangefarbenen Richtungspfeilen zeigten auf, wie der Verkehr beim Versuch, der in rund einem Jahr auf dem Anlagenring starten soll, laufen wird. 63 Seiten umfasst die Präsentation, die Planerbüros aus Dortmund und Hamburg im Auftrag des Magistrats erstellt haben. Sie wurde von Verkehrsplaner Jens Rümenapp vorgestellt. Am Ende einer umfassenden Variantenprüfung steht demnach die Empfehlung, den Versuch mit einer Fahrradstraße auf den inneren Spuren und einer Einbahnstraße für den Kfz-Verkehr auf den beiden äußeren Spuren abzuwickeln. Die Radfahrer können auf ihren Spuren in beide Richtungen fahren. Auf eine eigene Spur für Busse wird in dieser Variante verzichtet. In die eine Richtung fahren sie mit dem Kfz-Verkehr, in die andere Richtung teilen sie sich die Fahrradstraße mit den Radfahrern. Dort gilt Tempo 30. »Die Befahrbarkeit des Anlagenrings für den ÖPNV muss aus gutachterlicher Sicht in beide Fahrtrichtungen gewährleistet sein«, heißt es in der Empfehlung.

Die vor allem vom Einzelhandel oft gestellte Gretchenfrage, was der Verkehrsversuch für die Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Auto bedeutet, beantworten die Planer mit der Bewertung, dass die Einschränkungen für den Kfz-Verkehr zwar »deutlich«, aber »noch vertretbar« sind. Sie rechnen auf dem Anlagenring mit Verkehrsstärken von täglich 14 000 bis 22 000 Fahrzeugen. Dies liege »im Bereich der Kapazitätsgrenze einer zweispurigen Hauptverkehrsachse«.

Mehrere Optionen geprüft

Die Planer, die im Auftrag der Stadt auch den neuen Verkehrsentwicklungsplan erstellen, hatten mehrere Varianten untersucht: mit Radspuren innen und Autospuren außen im Zweirichtungsverkehr, mit Radspuren innen, einer Bus- und einer Autospur außen sowie mit Radfahrstreifen auf den äußeren Spuren. Bewertungskriterien waren die Verbesserung für den Radverkehr, die Verkehrssicherheit, die Abwicklung des Bus- und Autoverkehrs, die Verständlichkeit der Verkehrsführung und der baulich-verkehrstechnische Aufwand. Kostenschätzungen sind nicht enthalten.

Die Empfehlung für die sogenannte »Variante 1.1«, die aus dem Anlagenring praktisch eine Einbahnstraße für den Autoverkehr macht, wird begründet mit einem »Qualitätssprung für den Radverkehr«, mit den »noch vertretbaren« Einschränkungen für den Kfz-Verkehr und der Chance einer »parallelen Neuordnung« der verkehrlichen Erschließung der Innenstadt. Als Nachteile werden unter anderem »erhebliche Umwegfahrten« und »unverträgliche Mehrbelastungen auf Alternativrouten« genannt. Bürgermeister und Verkehrsdezernent Alexander Wright (Grüne) nannte in einem Vorgespräch Zahlen dazu. So gehe man bei den Umwegfahrten im Schnitt von einer Größenordnung von 0,5 bis 1 Prozent der Gesamtstrecke aus, an der Ringallee werden etwa 1000 Autos mehr pro Tag erwartet, im unteren Teil der Ludwigstraße etwa 2000. »Ringallee, Nahrungsberg und Ludwigstraße werden sicherlich ein Thema sein«, gab Wright bereits zu, dass es dort zu Mehrbelastungen kommen werde. In der Präsentation gehen die Planer davon aus, dass dies auch für die Alicenstraße, den Asterweg, Reichensand, Neustadt und Bahnhofstraße gilt und schlagen vor, dort »Gegenmaßnahmen zur Vermeidung von unverträglichen Mehrbelastungen zu prüfen«.

Parkhäuser über Radspur erreichbar

Laut Präsentation wird es auch zu einer veränderter Erschließung im Nordosten kommen. Neu wird sein: die Braugasse darf in beide Richtungen befahren werden. Es wird eine Zu- und eine Abfahrt von der Ostanlage über die Walltorstraße geben, außerdem wird ein Umdrehen der Einbahnstraßenregelung in der Senckenbergstraße vorgeschlagen.

Damit die Erreichbarkeit der Innenstadt für Besucher und Kunden sichergestellt sowie Anliegerverkehr möglich ist, soll die Fahrradstraße an mindestens drei Stellen abschnittsweise für den Autoverkehr freigegeben werden, um zum Beispiel das Karstadt-Parkhaus von der Frankfurter Straße aus kommend, das Parkhaus der Galerie Neustädter von der Rodheimer Straße aus kommend und das Parkhaus an der Westanlage von der Konrad-Adenauer-Brücke aus kommend schnell zu erreichen, ohne eine ganze Runde auf dem Ring drehen zu müssen. Man habe bei der Verkehrsdemo am vergangenen Samstag gesehen, dass dieser Kompromiss wichtig sei, gab Wright zu bedenken. Überhaupt stellte er noch einmal klar, dass die verkehrliche Situation vom vergangenen Samstag nichts mit dem »vernünftig geplanten« Verkehrsversuch zu tun gehabt habe.

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