Elefantenklo (noch) nicht abrissreif - Doch Geburtstag könnte Todestag werden

Erst vor wenigen Tagen entflammte die Debatte über das Elefantenklo in Gießen erneut. Da werfen aktuelle Arbeiten an der Fußgängerbrücke Fragen auf.
Gießen - Wenn man sich etwas Zeit nimmt, das Bauwerk von oben und unten in Augenschein nimmt und umrundet, entdeckt man sie: Es sind eine Handvoll mehr oder wenige große Schürfwunden, die im Beton des Elefantenklos in Gießen sichtbar geworden sind, stellenweise liegen Armierungen frei.
Einige der Wunden sind ganz frisch, nachdem der städtische Bauhof am Sonntag sozusagen den Grind entfernt hatte. »Lose Teile wurden vorsorglich entfernt, damit der darunter fahrende Verkehr nicht durch herabfallende Teile gefährdet wird«, erklärt Stadtsprecherin Claudia Boje zu den Arbeiten am Selterstor, die am Sonntag zu einer Sperrung der Kreuzung und einiger Aufmerksamkeit geführt hatten.
Elefantenklo in Gießen: Schäden auch durch Unfälle
Auch im Hinblick auf den Verkehrsversuch mit den Radspuren auf der Innenseite des Anlagenrings, der im Frühjahr starten soll, seien in der verkehrsschwachen Zeit am Sonntag unfallbedingte Schadstellen und Risse im Beton untersucht worden. Boje: »Während des Verkehrsversuchs hätten wir die äußere Richtungsfahrbahn mit der Einbahnstraße für den Autoverkehr sperren müssen, was zu erheblich mehr Behinderungen geführt hätte.«
Auf einen Substanzverlust, der die Stadt in Sachen E-Klo unter Handlungsdruck setzen würde, lassen die festgestellten Schäden laut Boje nicht schließen. Was den Zustand der Ende der 1960er Jahre errichteten Fußgängerbrücke betrifft, gelte unverändert, was Bürgermeister Peter Neidel zuletzt im März 2021 im Stadtparlament erklärt hatte. »Kurzfristig sind keine erheblichen baulichen Maßnahmen erforderlich, um das Bauwerk zu erhalten. Demgegenüber würden ein Abriss und eine Umgestaltung des Kreuzungsbereichs mehrere Millionen Euro kosten«, sagte der damalige CDU-Baudezernent.
Erst vor wenigen Tagen hatte BID-Macher und Selterstor-Anrainer Heinz-Jörg Ebert im Zusammenhang mit der Vorstellung einer Vision für den Platz vor Karstadt erneut die Existenzfrage zum Elefantenklo gestellt. »Das Bauwerk hat seit Bestehen schon mehrere Millionen Instandhaltung und Reparaturkosten verschlungen. Der Beton bröckelt und fällt auf die Fahrbahn. Rolltreppen und Aufzug stehen mehr als dass sie fahren. In Sachen Barrierefreiheit ist das Bauwerk eine Katastrophe. Und was die Verkehrsführung auf einer Ebene betrifft: am viel stärker befahrenen Oswaldsgarten oder Berliner Platz klappt es doch auch«, argumentiert der Einzelhändler.
Gießen: Auch Bürgermeister Wright stellt Elefantenklo in Frage
Auch wenn die Stadt dem Kultobjekt noch eine Haltbarkeit bescheinigt, müssen die E-Klo-Kritiker wohl nicht mehr ewig warten, bis die nächste große Überholung fällig wird. Die bislang einzige Betonsanierung wurde vor 26 Jahren durchgeführt und kostete rund 800 000 Euro. Bleibt es bei dem Zyklus, würde die nächste Runderneuerung um das Jahr 2028 herum fällig - pünktlich zum 60. Geburtstag.
Der könnte dann freilich zum Todestag werden. »Spätestens wenn die nächste große Sanierung ansteht, müssen wir uns die Frage stellen, ob wir eine solche Barriere wirklich erhalten wollen«, sagt Bürgermeister Alexander Wright zu diesem Thema. In dem Grünen-Politiker hat E-Klo-Kritiker Ebert offenbar einen Verbündeten gefunden, denn Wright kann sich vorstellen, dass eine attraktive Umgestaltung des Platzes an der Westanlage auch mehr Radfahrer auf die inneren Fahrradstraßen lockt und andere zum Umstieg auf zwei Räder animiert. (Burkhard Möller)