»Im Kleinen« Frieden leben

Gießen (lkl). Beim Neujahrsempfang der Partnerschaftsvereine der Stadt Gießen präsentierten sich auch in diesem Jahr die verschiedenen Organisationen mit kleinen Ständen, an denen neben Informationen auch Getränke und kleine Snacks, oft Leckereien aus den Regionen, in denen Gießens Partnerstädte liegen, angeboten wurden. Gesellige Stimmung und ernste Töne gingen bei der Veranstaltung jedoch Hand in Hand.
So wurde der offizielle Teil mit einer Schweigeminute für Rüdiger Schmid-Pfähler, den Vorsitzenden des Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft zwischen Gießen und dem ungarischen Gödöllö, eröffnet, der in der Nacht zuvor verstorben war.
»Rüdiger Schmid-Pfähler steht für Städtepartnerschaften und insbesondere für die Städtepartnerschaft mit Gödöllö wie kein anderer«, betonte Stadträtin Astrid Eibelshäuser anschließend in ihren Grußworten, in denen sie die Aktivitäten der Partnerschaftsvereine würdigte und auf ihre besondere Bedeutung vor dem Hintergrund prekärer gesellschaftlicher Entwicklungen hinwies. Das, was man für gesellschaftlichen Konsens gehalten habe, erfahre Brüche, sagte Eibelshäuser und zitierte aus der Rede, die Bundespräsident Frank Walter Steinmeier kurz zuvor beim World Holocaust Forum in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem gehalten hatte: »Die bösen Geister zeigen sich heute in neuem Gewand«. Ereignisse wie der Brexit, der noch vor wenigen Jahren völlig undenkbar gewesen sei, zeigten, »wie fragil das Netz der Europäischen Union ist«.
Landesregierung in der Kritik
In diesem Kontext seien Städtepartnerschaften Nischen, die die Welt im Inneren zusammenhalten könnten, weshalb es wichtig sei, stets neue Ideen zu entwickeln und auch für junge Menschen attraktiv zu sein.
Auch der Vorsitzende des Ausländerbeirats des Landkreises, Tim van Slobbe, sprach davon, dass das »bewährte Zusammenleben« aktuell in Frage gestellt würde und die Demokratie in Gefahr sei. Die Schaffung einer Möglichkeit, die kommunalen Ausländerbeirate im Rahmen einer Novellierung der Hessischen Kommunalverfassung abzuschaffen, seien »vor diesem Hintergrund sehr beunruhigend« und »eine ganz schlimme Entwicklung«. Wichtig sei es, die Grundsätze der Demokratie im eigenen Umfeld zu bewahren und im Kleinen den Frieden praktisch zu leben - wie es auch die Idee der Städtepartnerschaften sei.
Nach dem offiziellen Teil, bei dem auch Marina Frankfurt für die Jüdische Gemeinde und Christoph Bräutigam für die Partnerschaftsvereine Reden hielten, fand trotz des Todesfalls ein reger Austausch statt. »Rüdiger Schmidt-Pfähler nicht zu vergessen und ihm zu gedenken bedeutet auch, das Engagement in seinem Sinne weiterzuführen«, betonte Eibelshäuser - gerade in diesen Zeiten.