Kino-Center in Gießen steht endgültig vor dem Aus

Es bleibt dabei: Das Kino-Center in der Bahnhofstraße in Gießen steht vor dem Aus. Das Stadtparlament hat der Einleitung eines Planverfahrens zugestimmt.
Gießen - Im Moment scheint in Gießen alles mit allem etwas zu tun zu haben. Am Freitag vor einer Woche machte eine Demonstration von Radfahrern für Radspuren auf dem Anlagenring Station vor dem Kino-Center, tags darauf trafen sich viele dieser Teilnehmer bei der Demo vor der entmieteten Keplerstraße 1, gleichzeitig startete die freie Kulturszene einen Vorstoß gegen die städtische Vergnügungsstättenverordnung und das »Clubsterben« in Gießen.
Das alles spielte auch am Donnerstagabend eine Rolle, als die Stadtverordnetenversammlung über die anstehenden Veränderungen auf dem Kino-Center-Grundstück diskutierte und letztlich - mit breiter Mehrheit - eine Änderung des Bebauungsplans »Mühlstraße/Schanzenstraße« einleitete. Damit sind die Tage des Kinos mit seinen vier Sälen, das seit der Eröffnung des Kinopolis am Berliner Platz im Jahr 2012 als Programmkino diente, gezählt.
Wie berichtet, plant die Eigentümerin Adam Henrich Lichtspiel GmbH auf dem Gelände und einem angrenzenden Grundstück den Bau von zwei Gebäuden mit 30 Wohnungen mit Co-Working-Bereichen im Erdgeschoss sowie einer Tiefgarage und hatte bei der Stadt im Januar eine auf ihr Vorhaben bezogene Änderung des Bebauungsplans beantragt. Anlass für den Antrag war laut Eigentümerin die Absicht des Kino-Center-Betreibers Kinopolis, das Center früher oder später aufzugeben. Der Standort sei bereits vor Corona defizitär gewesen und habe quersubventioniert werden müssen.
In der Debatte hatte Planungsdezernent Peter Neidel (CDU) dargelegt, dass die Stadt keine Handhabe habe, eine Neubebauung des Grundstücks, auf die die Eigentümerin einen Rechtsanspruch habe, zu verhindern. Das Ende des Kino-Center sei »traurig«, aber nicht zu verhindern. Durch das Bebauungsplanverfahren habe die Stadt aber die Möglichkeit, die Neubebauung in ihrem Sinne »positiv zu begleiten«. Der »städtebauliche Mehrwert« ist aus Sicht von Neidel unbestreitbar.
Zuvor hatte Linken-Fraktionschef Matthias Riedl beklagt, dass nach dem »Haarlem« nun eine zweite Institution des innerstädtischen Kultur- und Nachtlebens verschwinden soll. »Statt Haarlem kriegen wir jetzt ein Billighotel. Das machen wir beim Kino-Center nicht noch einmal mit«, begründete Riedl das Nein seiner Fraktion. Diese Aussagen stießen auch bei CDU-Fraktionschef Klaus Peter Möller auf Widerspruch. Sowohl das Aus für das Haarlem als auch für das Kino-Center beruhten auf unternehmerischen Entscheidungen von Eigentümern und Betreibern. Behauptungen, die Stadt befördere das »Ende der Clubszene« in Gießen, entbehrten jeder Grundlage, sagte Möller.
Mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen wurde der Magistratsantrag zum Bebauungsplan mit einigen, von den Grünen eingebrachten Änderungen flankiert. Sie beinhalten auch den Auftrag, »die Fortführung eines Programmkinos vertraglich zu sichern«. Ansprechpartner wären wohl die Adam Henrich Lichtspiel GmbH und ihr Mieter Kinopolis/Theile.
Samen-Hahn wird rekonstruiert
Nebenbei teilte Bürgermeister Neidel eine wichtige Neuigkeit zum gegenüber dem Kino-Center-Grundstück liegenden Samen-Hahn-Areal mit. Die Bauordnungsbehörde - die Zuständigkeit liegt bei Grünen-Stadträtin Gerda Weigel-Greilich - habe die Baugenehmigung erteilt. Auf der Samen-Hahn-Brache am City-Center sollen drei spektakuläre Neubauten mit insgesamt 60 Wohnungen sowie die Rekonstruktion des gründerzeitlichen Wohn- und Geschäftshauses entstehen, das 2012 abgerissen werden musste. Die Arbeiten werden nach Erwartung der Stadt in diesem Jahr starten. Bauherr und Eigentümer ist Karim Shobeiri.