1. Gießener Allgemeine
  2. Gießen

Kein Riesling vom Schiffenberg

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Burkhard Möller

Kommentare

moedrei_-B_165448_4c_1
Weinanbau in den Hangterassen auf der Schiffenberg-Südseite dürfte gestorben sein. © Oliver Schepp

Ein Weinberg auf dem Schiffenberg: Diese Idee geistert nun schon einige Jahre durch Gießen. Jetzt hat der Magistrat den süffigen Träumen vom »2030er Riesling vom Klosterhang« ein Ende bereitet. Die Sanierung der Hangterrassen und der Weinanbau stehen auf der Prioritätenliste der Stadt nicht oben.

Wer in Hessen irgendetwas mit dem Anbau von Wein zu tun hat, der aus Trauben und nicht aus Äpfeln gewonnen wird, der kommt an dieser Behörde nicht vorbei: Für gut 1000 hessische Weinbauern und 3650 Hektar Anbaufläche im Rheingau und an der südhessischen Bergstraße ist das Weinbau-Dezernat des Regierungspräsidiums Darmstadt zuständig. Die standesgemäß am Rheinufer in Eltville residierende Behörde muss nicht damit rechnen, dass sie zukünftig für ein drittes, gut ein Hektar großes hessisches Anbaugebiet in Mittelhessen zuständig sein wird. Die Idee eines Weinanbaus in den Hangterrassen auf der steilen Südseite des Schiffenbergs, die seit einigen Jahren immer mal wieder durch die parlamentarischen Gremien geistert, wird vom aktuellen Magistrat nicht weiterverfolgt.

Kein Know-how in Stadtverwaltung

Die Stadt selbst verfüge in ihrer Verwaltung nicht über das nötige Know-how, dieses Projekt anzugehen, erklärte Stadträtin Gerda Weigel-Greilich zu Beginn der Stadtverordnetensitzung am vergangenen Donnerstag. In Frage käme eventuell die Gründung eines Vereins oder einer Interessengruppe, an die das Gelände verpachtet werden könnte. »In diesem Zusammenhang muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass Weinanbau am Schiffenberg nicht nachgewiesen wurde. Auch deshalb sollte davon abgeraten werden«, sagte die Grünen-Politikerin, die Fragen des FDP-Fraktionsvorsitzenden Dominik Erb beantwortete.

Wie die Stadträtin erläuterte, müsste für einen Weinanbau am Schiffenberg bereits behördlich ein nicht unerheblicher Aufwand betrieben werden. Eine »Vielzahl an landesrechtlichen Vorschriften« müssten beachtet werden. Ersparen könnte man sich das nur, wenn die Anbaufläche nicht größer als 1000 Quadratmeter wäre. Unter dieser Größe könnte Wein zum Eigenverzehr angebaut werden, verkauft oder verschenkt werden dürfte er nicht. Für eine größere Fläche wie die gut ein Hektar großen Hangterrassen des Gießener Hausbergs müsste dagegen das normale Genehmigungsverfahren bei der Behörde in Eltville durchlaufen werden. Vor diesem Hintergrund habe der Magistrat darauf verzichtet, Kontakte mit dem RP Darmstadt oder Hochschule Geisenheim aufzunehmen oder weitere Gutachten zu beauftragen.

Zwei Gutachten zu einem möglichen Weinanbau am Schiffenberg und zum Zustand der augenscheinlich brüchigen Terrassen wurden im vergangenen Jahr von der Stadt bereits beauftragt und vorgelegt, nachdem die Stadtverordnetenversammlung im Herbst 2020 dem Magistrat auf Antrag der FDP einen entsprechenden Auftrag erteilt hatte.

Mauern deutlich beschädigt

Ein Ergebnis der Gutachten war, dass am Schiffenberg sehr wahrscheinlich nie Weinanbau betrieben wurde. In den Annalen und Inventaren des Klosters fehlten Hinweise auf eine Kelter oder entsprechende Weinverkäufe. Die Hangterrassen seien wohl im Mittelalter zur Selbstversorgung des Klosters mit Kräutern und Gemüse angelegt worden.

In einem zweiten Gutachten wurde der Zustand der Terrassenmauern geprüft. Diese zeigten deutliche Schäden wie entfestigte Mauerbereiche, Fehlstellen, abgängige äußere Schalen oder ausgewaschene Fugen. Teilbereiche der Mauern seien bereits eingestürzt. Es sei davon auszugehen, heißt es in dem Gutachten, dass zukünftig weitere Teile der Terrassenmauern einbrechen, wenn sie nicht instandgesetzt oder gesichert werden. Die Kosten für eine Instandsetzung und eine teilweise Rekonstruktion wurden je nach Variante mit 465 000 bzw. 420 000 Euro angegeben.

Geld, das der Magistrat dafür zumindest vorerst nicht bereitstellen wird. Weigel-Greilich: »Es ist nicht vorgesehen, die vollständige Instandsetzung der Terrassenmauern am Südhang des Schiffenbergs zeitnah durchzuführen.«

Auch interessant

Kommentare