Fall Johanna: Mörder und Vergewaltiger des Mädchens in Gefängnis attackiert

Der verurteilte Mörder und Vergewaltiger von Johanna Bohnacker ist im Gefängnis verprügelt worden. Der Fall ging nun vor Gericht. Eine ungewöhnliche Situation vor allem für den Staatsanwalt.
Gießen - Man trifft sich zweimal im Leben. Diese Floskel bewahrheitet sich immer wieder – auch vor Gericht. Ungewöhnlich war jetzt die Konstellation vor der Vierten Strafkammer in Gießen im Rahmen eines Berufungsverfahren gegen einen 37 Jahre alten Mann. Richterin Regina Enders-Kunze und Staatsanwalt Thomas Hauburger hatten es mit einer Schlägerei auf dem Hof der Gießener Justizvollzugsanstalt an der Gutfleischstraße zu tun. Einer der Geschädigten: Rick J., der Vergewaltiger und Mörder von Johanna Bohnacker. Enders-Kunze hatte Ende November 2018 den 43-Jährigen zu lebenslanger Haft verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt, wie fnp.de* berichtet; damit war sie damals der Forderung von Staatsanwalt Hauburger gefolgt.
Man muss diesen Fall im Kopf haben, um die Ereignisse im Februar 2018 verstehen und einordnen zu können, wie fnp.de* zusammenfasst. An jenem Montagmorgen war Rick J. während seiner Untersuchungshaft zusammen mit vier weiteren Häftlingen auf dem Weg zum Hofgang in der JVA. Plötzlich, schilderte er vor Gericht, sei er vom 37-jährigen Mitinsassen geschlagen worden. Während er am Boden gelegen habe, habe dieser ihm außerdem gegen seinen Kopf getreten. Ein Begleiter von Rick J., der wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Knast sitzt, soll ebenfalls geschlagen worden sei. Er sagte, er habe das Wort »Pädophilie« gehört, bevor er angegriffen worden sei. Ein weiterer Mann aus der angegriffenen Gruppe sprach von »Hetze gegen Pädophilie«. Die Mitarbeiter der JVA reagierten schnell und beendeten die Schlägerei.
Fall Johanna: Schläger soll sich als "Vollstrecker" gesehen haben
Der Angeklagte sitzt wegen schweren Raubes im Gefängnis. Bereits im Dezember war er wegen der Schlägerei auf dem JVA-Hof vor dem Amtsgericht Gießen zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten verurteilt worden. Der zweifache Familienvater war damit nicht einverstanden, legte Berufung ein. Vor Gericht wollte er sich nicht zu den Vorwürfen äußern; das hatte er bereits zuvor schriftlich in diversen Briefen getan. Unter anderem hatte er Richtern vorgeworfen, keine angemessenen Urteile gegen Kinderschänder zu fällen.
Staatsanwalt Hauburger sagte, der 37 Jahre alte Angeklagte sei ganz sicher nicht dazu befugt gewesen, Recht mit Fäusten zu sprechen. Richterin Enders-Kunze reduzierte die vom Amtsgericht verhängte Strafe wegen Unklarheiten um vier auf acht Monate. Auch sie betonte, der Angeklagte habe sich als »Vollstrecker« gesehen – dabei habe Rick J. für seine Tat die höchste Strafe erhalten, die möglich sei. Hauburger sagte nach der Urteilsverkündung, »die Strafe ist nach Ansicht der Staatsanwaltschaft absolut tat- und schuldangemessen«. Das Urteil zeige, dass im deutschen Rechtsstaat kein Raum für Selbstjustiz sei.
Wie er die Konstellation mit dem erneuten Wiedersehen mit Rick J., der mittlerweile in Südhessen einsitzt, bewertet? »Das war sicherlich ungewöhnlich«, betonte Hauburger. Aber: »Keinem der Verfahrensbeteiligten fiel es schwer, mit dieser besonderen Situation umzugehen.« Schließlich seien Richter und Staatsanwälte dem Grundsatz der Objektivität verpflichtet.
khn
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