In bester Spiellaune

Mit einem anspruchsvollen Programm auf exzellentem musikalischen Niveau begeisterte das Universitätsorchester in großer Besetzung beim Semesterabschlusskonzert am Sonntag sein Publikum in der Kongresshalle.
Der Platz auf der breiten Bühne reichte gerade aus für die imposante Besetzung des Universitätsorchesters, und die beiden Säle der Kongresshalle waren ebenfalls voll besetzt mit Musikfreunden: Der Appetit auf Live-Genuss nach eher entbehrungsreicher Zeit wurde im Semesterabschlusskonzert genussreich gestillt. Und das war sowohl bei den Instrumentalisten mit ihrem motivierten Einsatz als auch in der Aufmerksamkeit der Hörer offenkundig. Die Begeisterung nach einem runden Erlebnis entlud sich im ausgiebigen Schlussbeifall und knallig-launig musizierter Zugabe.
Am Pult agierte mit viel Charisma Universitätsmusikdirektor Stefan Ottersbach. Mit der gewohnten Souveränität führte er sein Ensemble durch die Partituren, und sein Extra-Schuss Begeisterung übertrug sich auf Musiker und Publikum, das er überdies mit einer humorvoll dosierten Conférence einbezog. Universitätspräsident Joybrato Mukherjee ließ sich eine persönliche Gratulation nicht nehmen.
Programm von hohem Anspruch
Das Programm war nicht unbedingt für Wunschkonzert-Hörer zusammengestellt worden, sondern spiegelte in seinen musikhistorischen Kontrasten auch die Vielseitigkeit des Orchesters und seinen hohen musikalischen und technischen Anspruch. Da trug die lange Zusammenarbeit mit Ottersbach schönste Früchte schon im Einstieg: Felix Mendelssohn-Bartholdys Ouvertüre »Die Hebriden oder die Fingalshöhle« appellierte an das Vorstellungvermögen und entführte mit seiner klanggewordenen Assoziationskraft in die nordschottische Insellandschaft aus Licht, Sturm und Wellengang. Mit platzierten dynamischen Steigerungen markierten die Streicher die dramatischen Wechsel der Naturgewalten. Stimmungsvolle Momente werden in dem wiederkehrenden Hauptmotiv eingefangen - sehr schön hier die Celli. Das »Bild« verebbt im Flötenton am Ende.
Dem synästhetischen Erlebnis von Natur und Musik der Romantik folgte ein Werk von Igor Strawinsky, in dem die Bläser des Orchesters ihre Sternstunde hatten. Konzentriert widmeten sie sich den »Symphonies d’intruments à vent«, den »Zusammenklängen« von Blasinstrumenten in der seit 1920 mehrfach überarbeiteten Komposition aus dem Jahr 1947.
Verschiedene den Instrumentengruppen (zwölf Holzbläser, elf Blechbläser) zugeordnete, formelhafte Motive greifen ineinander, werden nebeneinander gestellt, ergeben Dissonanzen, erinnern etwa an »Petruschka«. Jazzige Synkopen, pastorale Legati, Glockenklänge und Folklore sind in einem kurzen Satz verarbeitet; die Positionierung des Blechs an beiden Bühnenenden sorgte für interessante Effekte.
Ralph Vaughan Williams’ »English Folksong Suite« mit Marschtempi, Liedthemen und unbeschwertem Volksmusik-Charakter führte entspannt in die Pause.
Anton Weberns Passacaglia op. 1 von 1908 gehört in die besonders reizvollen Jahre des Umbruchs - in der Bildenden Kunst zum Abstrakten, in der Musik zum Atonalen hin. Das Werk beginnt mit Streicherpizzicato quasi aus dem Nichts und verdichtet sich dann in geradezu Mahler’scher Manier zur Hochspannung in überzogenen Intervallen und üppigem Fortissimo.
Von freier Tonalität zurück zu Mozart
Von der Schwelle von Spätromantik zur freien Tonalität dann ein zeitlicher Sprung zurück zu Mozart. Bei seiner 35. Sinfonie (»Haffner«) gelangten die Hörgewohnheiten wieder in harmonische Bahnen. Energievolles Zupacken nach der Oktavfanfare, wechselnde Klangfarben in der Durchführung zeichneten ein lebhaftes Hörbild. Im Andante bezauberten die Violinen, im Menuett in kräftigem optimistischen D-Dur ist ein sangbares Trio in A-Dur mit chromatischen Einschüben eingebaut, das die Musiker sensibel einfärbten. Das knapp und kernig musizierte Presto imponierte mit zupackender Präsenz. Verdienter, stürmischer Applaus!