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In bester Spiellaune

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Von: Dr. Olga Lappo-Danilewski

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Das Orchester mit Sopranistin Julia Araújo im Stadttheater. © Red

Jubel im ausverkauften Stadttheater beim Neujahrskonzert: Das Philharmonische Orchester agierte in Hochform unter Dirigent und Conférencier Andreas Schüller und mit Sopranistin Julia Araújo. Opernausschnitte und Militärmärsche dominierten ein anregendes Programm.

Den ersten Tag des Jahres beging die Philharmonie im Großen Haus mit Musik von Ludwig van Beethoven, Gioacchino Rossini, Franz Schubert und Johann Strauß - und einem souveränen Mann am Pult, der sich als überaus begabter Conférencier erwies. Andreas Schüller hielt nicht nur das Orchester, sondern auch die Theaterbesucher bei bester Laune. Mit ernsten und heiteren Informationen zur Musik, witzig, hintergründig und stets nah am Publikum führte er durch den Abend, der mit insgesamt zweieinhalb Stunden gerade richtig dimensioniert war selbst für feiermüde Gäste.

Vielseitige Ausdruckskraft

Den Auftakt bildete Die Ouvertüre zu Beethovens Oper »Fidelio«. Der Gedanke von Freiheit, Mut, Gerechtigkeit und unkonventionellen Mitteln im Einsatz dafür gab den zeitbezogenen Aspekt in einen Musikabend, der überwiegend von zündend musizierten Militärmärschen geprägt war.

Zunächst aber bezauberte die seit dieser Saison dem Ensemble angehörende Sopranistin Julia Araújo mit ihrer tragenden, dramatisch getönten Stimme in der Arie der Mathilde »Sombre foret« aus Rossinis Oper »Guillaume Tell«. Die aus Uruguay gebürtige junge Sängerin trat noch einmal auf mit Klärchens martialischem Lied »Die Trommel gerühret« aus Beethovens Schauspielmusik zu »Egmont« und bewies vielseitige Ausdruckskraft. Andreas Schüller, der gelegentlich nicht mit Eigenwerbung sparte, empfahl den Besuch der Oper »Caterina Cornaro« mit Araújo in der Titelrolle.

In einem spritzig daherkommenden Wilhelm-Tell-Galopp von Johann Strauß (Vater) ließ das Orchester die Pferde los. Der Maestro stellte dann Rossini als den »Spezialisten für Tiefdruckgebiete« vor. Zu den bekanntesten Musiken dieses Themas gehört seine »Gewittermusik« aus »Il Barbiere di Siviglia«,

Das Orchester setzte mit Blitz und Donner noch einen drauf mit einer entsprechenden Schnellpolka von Johann Strauß (Sohn) unter Einsatz von zischender Folie und - besser und lauter - Beckenschlägen statt Blitzen. In der Ouvertüre zu Rossinis »Wilhelm Tell« mit einem klanggewaltigen Unwetter am Vierwaldstätter See leuchtete dagegen auch Lyrik besonders in den wunderschön vorgetragenen Cello-Passagen und der Hirtenszene mit der Soloflöte.

Pompös und pathetisch leitete der zackig intonierte Militärmarsch D-Dur von Franz Schubert den zweiten Teil des Konzertes ein. Die Ouvertüre zu »La gazza ladra« von Rossini lockerte das strikte Tempo mit assoziationsreichen Passagen auf.

Mehrere Märsche zur Auswahl

In der Pause hatten die Zuhörer einen gelben Wahlzettel ausgefüllt, zu dessen Auswertung ein »eigens aus Berlin herbeigeschaffter Wahlleiter« (der anschließend in den Keller eingesperrt wurde, O-Ton Schüller) bestellt worden war. Mehrere internationale Märsche standen zur Wahl, und zwei mit den meisten Kreuzchen kamen zu Gehör. Darunter Janitscharen-Musik im »Türkischen Marsch«, aber nicht dem von Mozart, sondern von Beethoven. Mit Johann Strauß (Sohn) »Spanischem Marsch« trumpfte das Ensemble schwungvoll auf, auch wenn wenig spanische Elemente darin vorkommen außer Kastagnettenklang, der vom Schlagwerker grenzwertig-witzig demonstriert wurde. Und endlich mal in all den Parademusiken ein tänzerisch schwingender Dreivierteltakt im Konzertformat: Strauß` »Die schöne blaue Donau« zu passend blauer Beleuchtung im Konzertzimmer lockerte mit Eleganz die zackigen Rhythmen auf. Radetzky ließ auch grüßen, aber mit einer besonderen Performance: Die Orchestermitglieder outeten sich als Sangeskünstler, ein echter Clou. Zugabe!

Jubel und Ovationen wollten kein Ende nehmen. Das launige, spritzige Sonderkonzert wurde am Montag noch einmal gegeben.

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