Hoffnungen ruhen auf der Politik

Die Beschäftigten des Universitätsklinikums Gießen-Marburg (UKGM) haben sich am Dienstag in Wiesbaden versammelt. Dort haben sie ihre Sorgen formuliert.
Rund 150 Menschen haben sich am Dienstag zu einer Streikkundgebung für einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) getroffen. Aufgerufen zu der Kundgebung am Dernschen Gelände in Wiesbaden hatte die Gewerkschaft Verdi. »Wir wollen nicht jeden zweiten Monat auf die Straße gehen und für Selbstverständlichkeiten kämpfen«, sagte Fabian Dzewas-Rehm, Gewerkschaftssekretär bei Verdi, »wir wollen deutlich machen, dass man genügend Personal im Krankenhaus braucht, dass man gute Arbeitsbedingungen braucht und wir wollen, dass das Land Farbe bekennt.«
Hintergrund der Streiks ist nach Angaben von Verdi das Auslaufen wichtiger Sicherheiten für die Beschäftigten. Gefordert wird neben der Übernahme der Auszubildenden auch der umfassende Kündigungsschutz, sowie ein grundsätzliches Outsourcingverbot.
Sowohl die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn (Grüne), als auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Ralf-Norbert Bartelt, sprachen sich auf der Kundgebung klar für die Sicherung der Arbeitsplätze der Beschäftigten aus. Dies sei auf der Basis eines Letter of Intent vereinbart worden. »Ich war und bin gegen die Privatisierung und ich kämpfe seit Monaten dafür, dass wir einen Letter of Intent haben«, sagte Ministerin Dorn. »Wir haben als Land die Verpflichtung, mit den Steuerzahlern so umzugehen, dass wir am Ende nicht die Aktionäre bedienen, sondern für das Gemeinwohl arbeiten.«
Die Klinik hatte der Ministerin vorgeworfen, ideologisch zu handeln. Sie forderte erneut die Gesprächspartner auf, an den Verhandlungstisch zurückzukommen. »Der wesentliche Punkt, der Letter of Intent, ist für uns nicht verhandelbar«, sagte Ralf-Norbert Bartelt, »wir werden ihn gemeinsam durchsetzen, damit die Menschen weiterhin sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze für ihre Tätigkeit behalten.«
Dorn spricht sich für Verdi-Ziele aus
»Im Hintergrund laufen Gespräche über Outsourcing und das führt zu Unsicherheit und existenziellen Fragen«, sagte eine Psychotherapeutin aus Gießen. Sie befürchtet, dass langfristig die Leistungsfähigkeit des gesamten Krankenhauses eingeschränkt wird und sie wünscht sich, dass die Verhandlungen endlich zu einem vernünftigen Abschluss kommen und die Arbeit in den Krankenhäusern gesichert wird.
Der Streik begann am Dienstag um 6 Uhr von der Frühschicht an, ging bis zum Ende der Spätschicht mit den nichtärztlichen Beschäftigten. Auch die Landtagsfraktionen der SPD und Linke machten mit Redebeiträgen ihre Unterstützung für den Streik deutlich.
Es ist das erste Mal, dass die Beschäftigten nach Wiesbaden gekommen sind. Doch es ist nicht der erste Warnstreik, um den Druck auf die Verhandlungspartner zu erhöhen. In den vergangenen Monaten fanden schon Protestaktionen in Gießen und Marburg statt. Seit Mai geht bereits in der Belegschaft die Unsicherheit um. Anlass ist die überraschende Ankündigung des mittlerweile zum Asklepios-Unternehmen gehörenden Rhön-Konzerns, den Vertrag mit dem Land zum Jahresende zu kündigen. Die Nachricht platzte mitten in die Verhandlungen um ein Nachfolgepapier, die sehr weit gediehen waren. Ein einziger Punkt war noch strittig. Doch der ist nach Ansicht des Managements des privaten Krankenhausbetreibers so existenziell, dass es nicht unterschreiben will.
Das Nachfolgepapier stellt der Uniklinik für die nächsten zehn Jahre Fördermittel von bis zu 45 Millionen Euro pro Jahr in Aussicht. Obwohl Rhön beim Kauf der Uniklinik vor knapp 17 Jahren auf jegliche staatliche Zuschüsse verzichtet hatte.
Letzte Gespräche im August
Im Gegenzug soll sich das Unternehmen verpflichten, Eigeninvestitionsmittel einzusetzen. Kommt es erneut zu einem Verkauf der Klinik, hätte das Land Vorkaufsrecht. Wie im noch gültigen ersten Zukunftspapier verzichtet es auf betriebsbedingte Kündigungen und Outsourcing. So weit ist Rhön beziehungsweise Asklepios bereit mitzuziehen. Woran sich das Management massiv stört, ist der Passus, mit dem das Land verhindern will, dass die Uniklinik mit öffentlichem Geld aufgehübscht wird, um sie anschließend gewinnbringend zu verkaufen. Demnach soll im Fall eines Weiterverkaufs der Konzern die staatlichen Zuschüssen zurückzahlen.
Die Verhandlungen sind unterbrochen. »Zuletzt direkt miteinander gesprochen haben wir im August«, sagte Volker Schmidt, Pressesprecher von Wissenschaftsministerin Dorn. Und betonte zugleich, dass eine Einigung auf Basis des im Januar präsentierten Vorentwurfs zum Nachfolgepapier, dem Letter of Intent, weiterhin möglich sei. »Die dort festgehaltenen Punkte sind aus Sicht des Landes eine gute Lösung für die Beschäftigten, die mit dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und dem Verbot von Ausgliederungen von Betriebsteilen Sicherheit gewinnen, für die Versorgung der Patienten und für die gesamte Region.«
Bei der Frage der Fördermittel bestünden unterschiedliche Rechtspositionen. Deshalb hätten sich Land und Rhön darauf geeinigt, während der Laufzeit der Anschlussvereinbarung auf eine Klage zu verzichten.
Mit seinem Meinungswechsel schade der Konzern sich selber. »Kommt diese Einigung nicht zustande, entfallen diese Investitionsmittel; das kann ebenso wenig im Interesse von Rhön und Asklepios liegen wie ein langjähriger Rechtsstreit, der dem Uniklinikum und allen Beteiligten schaden würde.«