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Hochamt mitten in der Woche

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Von: Norbert Schmidt

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Knapp 1200 gut gelaunte Konzertbesucher an einem gewöhnlichen Dienstagabend in der Kongresshalle? Soll es geben. So wie in dieser Woche, als der Verein »Drei Stimmen hilft« wieder einmal einen seiner lokalen Protagonisten präsentierte, um Geld einzuspielen zum Finanzieren seiner vier Projekte.

Heinz-Jörg Ebert gab mit 22-köpfigem »Ensemble« ein bemerkenswertes Musikprogramm, das er im Herbst noch personell bescheiden im kleinen Kreis uraufgeführt hatte. Die Neuauflage war »mit großem Besteck« zu genießen. Will heißen: mit hörbar überzeugenden Gesangspartnern (Solisten und Chor), mit sichtlich spielfreudiger Band sowie mit virtuosem Streicherinnen-Quartett und sehr gutem Bläsersatz. Es war das reine Vergnügen.

Wo anfangen, wenn darüber zu berichten ist, wie »der Salamander Lurchi vom Selterstor« 85 Jahre Familien- und Firmengeschichte öffentlich in Galaformat präsentiert? Vielleicht mit dem Hinweis darauf, dass familiengeführter Einzelhandel, wie ihn das von Ebert geleitete Schuhhaus Darré darstellt, selten geworden ist in Gießen. Folglich spulte der Tenor und Entertainer – just an seinem 58. Geburtstag, wofür es am Ende ein in der Tat stimmgewaltiges Ständchen gab – auch (ins jeweilige Welt- und Gesellschaftsgeschehen eingebettete) Stadtgeschichte ab, gerade weil er seine 25 (!) Gesangstitel mit zahllosen Fotografien und einer Filmsequenz ergänzte. Und die Musik selbst? Die bald drei Stunden ohne Pause währende Performance? Vereinfacht könnte man von einer langen, unterschiedlich bewegenden Zeitreise reden. Mindestens war’s ein Fest für Aug und Ohren, fast möchte man von einem Hochamt reden.

Für die Gründerjahre bediente sich Ebert bei Benny Goodman und Comedian Harmonists, für die Vierziger gab er »As Time Goes By« aus dem Film »Casablanca«. Elvis Presley war einer der Fünfziger-Jahre-Impulsgeber. Für die Sechziger gab es Titel von den Rolling Stones und Janis Joplin im Programm, zudem ein fulminantes »Hair«-Musicalmedley. Die Musik seiner eigenen Jugend repräsentierten etwa Udo Lindenbergs »Cello«, ein frivol garnierter »Rocky Horror Picture Show«-Block und die Led-Zeppelin-Ballade »Stairway To Heaven«. Berührend, wie Maria Ebert ihrem Papa bei Chris de Burghs »Cry No More« singend zur Seite stand. Auch Roger Ciceros »In diesem Moment« belegte die Sorgfalt des Dramaturgen. Kurz vorm »Nessun Dorma«-Finale noch ein Queen-Medley – dann endete, mit »Hey Jude«, der emotionsgeladene Parforceritt durch achteinhalb Jahrzehnte.

Neuauflage am 1. November

Wer war dabei, hielt dem Hauptakteur den Rücken frei? Als Band Ole Rausch (Gitarre), Frank Höfliger (Bass), Dieter Steinmann (Drums) und der musikalische Leiter des Abends, Christian Krauß (Tasten/Posaune). Die Bläser Martin Zörb (Sax/Flöte) und Christian Wahl (Trompete/Horn). Die Streicherinnen Monika Beck, Maria Voigt, Maider Díaz de Greñu und Verena Sennekamp sowie der Chor der »Heinrichs« mit Michael Habermehl, Hans-Joachim Pasch, Tom Pfeiffer, Maik Peppler, Dirk Schäfer, Iris Lauber, Ingrid Theiss, Anette Pfeiffer, Sabine Habermehl, Alexandra Rinn und Claudia Bäulke. Nicht zu vergessen die singenden Gäste Nick Ramshaw und Monique Schmitt. Ton und Licht verantworteten souverän Stephan Wießner und Klaus Nass von »Flashlight«.

Wer’s verpasst hat, muss nicht traurig sein: Am 1. November gibt es in der Kongresshalle eine Neuauflage (Vorverkaufsstart ist am Freitag, 12. April, im Schuhhaus Darré).

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