Ein Haus für 100 Wissenschaftler
Mit Stoffen aus Insekten die Welternährung verbessern oder Krankheiten heilen – diesen großen Zielen sind Gießener Forscher nun etwas näher. Am Leihgesterner Weg steht jetzt der Rohbau des Fraunhofer-Instituts für Bioressourcen. Beim Richtfest am Dienstag sprach auch Volker Bouffier.
Was hier in Gießen entsteht, hat weltweite Bedeutung«, sagte Ministerpräsident Volker Bouffier am Dienstag in Gießen. Er sprach von einem besonderen Freudentag im Zeichen eines »Megatrends«. Seiner Rede zum Richtfest des Fraunhofer-Instituts für Bioressourcen am Leihgesterner Weg, Ecke Ohlebergsweg lauschten über 200 Gäste. In den 4000 Quadratmeter großen Neubau sollen ab Sommer nächsten Jahres rund 100 Wissenschaftler einziehen. In der privaten Forschungseinrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft sollen neue Wirkstoffe aus Insekten, Bakterien und Pilzen für Medizin, Pflanzenschutz und Industrie untersucht werden. Mit Partnern aus der Wirtschaft wird zudem erforscht, wie Insekten als Proteinquelle die weltweite Ernährungssituation verbessern können.
»Ich bin mir sicher, dass in der nahen Zukunft einige spannende Innovationen aus Gießen kommen werden«, sagte Andreas Meurer vom Vorstand für Controlling und digitale Geschäftsprozesse der Fraunhofer-Gesellschaft. »An diesem Standort werden wir mit unseren Partnern die Bioökonomie vorantreiben – also die nachhaltige und innovative Nutzung biologischer Ressourcen.« Globale Herausforderungen wie Mangelernährung, Ressourcenverbrauch und Antibiotikaresistenzen würden hier angegangen.
Finanziert wird der 30 Millionen teure Bau zur Hälfte von Land und Bund. Baubeginn war im November 2016. Das erste Fraunhofer-Institut Mittelhessens knüpft an das LOEWE-Zentrum für Insektenbiotechnologie und Bioressourcen, das seit 2014 vom Land Hessen gefördert wird an. In dem Exzellenzzentrum arbeiten Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), Technische Hochschule Mittelhessen (THM) und Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie (IME) zusammen.
»Wir erschließen in industriellem Maßstab gezüchtete Insekten als Bioressource für die Wertschöpfung aus organischen Abfällen und für die nachhaltige Produktion von Proteinen und anderen Rohstoffen«, sagte Prof. Andreas Vilcinskas, Koordinator des LOEWE-Zentrums und Leiter der Gruppe Bioressourcen des Fraunhofer IME. Insekten stellten aufgrund ihrer Vielfalt eine gigantische, noch weitgehend unerforschte Naturstoffbibliothek dar, die nun in Gießen erschlossen werde.
In dem Gebäude gegenüber der Naturwissenschaften der JLU entstehen Labors, Büros sowie eine Cafeteria. Gießens Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz hofft auf die Entwicklung des Gebietes. »Das geplante Fraunhofer-Institut wird ein Leuchtturm für unsere ganze Region sein, dem andere folgen werden«, sagte sie. »Die von hier ausgehenden Forschungsimpulse werden wegweisend sein und weit über die Region hinausgehen«, zeigte sich auch JLU-Präsident Prof. Joybrato Mukherjee. »Unsere Strategie der Vernetzung trägt mit der Ansiedlung des ersten außeruniversitären Forschungsinstituts in Gießen nun Früchte.«