Gutes Geld für gute Arbeit gefordert

Gießen (chh). Eisiger Wind bläst über den Kirchenplatz und lässt unzählige Verdi-Fahnen flattern. Aus einem großen Lautsprecher ertönt Bob Marleys »Get Up Stand Up«. Für die eigenen Rechte aufstehen und den Kampf nicht aufgeben, das ist auch das Ansinnen der knapp 500 Beschäftigten der Kommunen und des Bundes, die am Dienstagmorgen dem Streikaufruf der Gewerkschaft Verdi gefolgt sind und ihre Arbeit niedergelegt haben.
Sie wollen mehr Geld und sich nicht mit dem zufriedengeben, was die Arbeitgeberseite ihnen anbietet. Ihr Ziel, welches während des Streiks auf vielen Bannern zu lesen ist: »Gutes Geld für gute Arbeit.«
Wie wichtig die Arbeit der Frauen und Männer für die Gesellschaft ist, zeigt sich vor allem in den Folgen des Streiks. Am Montag waren alleine in Gießen etliche städtische Kitas geschlossen. Neben dem Kind blieb bei vielen Gießenern auch der Müll zu Hause, da Müllabfuhr und Straßenreinigung streikten. In etlichen anderen Bereichen hatte der Streik ebenfalls Auswirkungen, zum Beispiel im Rathaus, der Sparkasse Gießen, der Agentur für Arbeit, in Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt oder bei der Vitos-Klinik.
Hintergrund des Streiks sind Tarifverhandlungen in den Bereichen TVöD und TV-V zwischen Verdi und Arbeitgeber-Vertretern. Die Gewerkschaft fordert für die Beschäftigten der Kommunen und des Bundes 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Auszubildende sollen 200 Euro mehr im Monat erhalten. In der zweiten Verhandlungsrunde hatten die Arbeitgebervertreter hingegen eine tabellenwirksame Erhöhung von drei Prozent Ende 2023 und zwei Prozent Mitte 2024 über eine Laufzeit von 27 Monaten vorgeschlagen, plus eine Inflationsausgleichsprämie in zwei Raten von 1500 und 1000 Euro.
»Dieses Angebot ist nicht akzeptabel«, sagte Sascha Haas vom Betriebshof in Fernwald vor dem Protestmarsch am Treffpunkt an den Hessenhallen. Ähnlich formulierten es auch Mitarbeiter der Vitos-Klinik sowie der Sparkasse Gießen. Zwei Mitarbeiterinnen des Geldinstituts äußerten zudem die Sorge, die Sparkasse könne aus dem Tarif für den öffentlichen Dienst herausgenommen werden.
Um 9.15 Uhr zogen die Streikenden dann in Richtung Innenstadt los. Mit Trillerpfeifen, Fahnen und Bannern machten die vom Ordnungsamt gezählten 485 Teilnehmer auf ihr Anliegen aufmerksam. Unterwegs erhielten sie viel Zuspruch, am stärksten von den Goetheschülern, die sich den Protestmarsch vom Schulhof aus ansahen. Der Weg der Streikenden führte über die Sachsenhäuser Brücke rechts auf den Anlagenring, unter dem Elefantenklo hindurch bis zur Neuen Bäue und schließlich zum Kirchenplatz zur Abschlusskundgebung.
Dort ergriff der Geschäftsführer des DGB-Mittelhessen, Matthias Körner, das Mikrofon. Es gehe darum, zu verhindern, dass Arbeit »billig wie Dreck« werde. »Das wollen wir verhindern, und das werden wir verhindern«, rief Körner der Menge zu und warb sogleich für eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes: »Es gibt auf dieser Welt keinen besseren Schutz vor kapitalistischer Abzocke.«
Ende März wollen sich Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter erneut zusammensetzen und verhandeln.