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Gott braucht viele Engel in dieser Zeit

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Bis vor kurzem haben wir uns das nicht vorstellen können: Krieg in Europa. Dann hatten wir gehofft, es sei nur die Drohgebärde eines machthungrigen Diktators, und nach wenigen Tagen vorbei. Und nun sehen wir schon einen Monat lang jeden Tag die Bilder von zerstörten Städten und Menschen, die unter diesem sinnlosen Eroberungskrieg Putins leiden, sterben oder ihre Heimat verlassen müssen.

Frauen und Kinder, die von ihren Familien getrennt werden. Alte, die in Kellern unter zerstörten Häusern ausharren.

Bilder, die mich wütend und hilflos machen. Doch darunter mischen sich auch andere. Menschen die an Grenzstationen oder Bahnhöfen Geflüchtete mit offenen Armen empfangen und ihnen auf ihrem schweren Weg erste Schritte erleichtern. Kirchenräume vollgestellt mit gepackten Kisten voller Hilfsgüter. Menschen, die ihre Häuser für Geflüchtete öffnen, die einfach da sind und versuchen, das Leid ein wenig zu lindern. Andere, die gemeinsam für den Frieden beten oder auf die Straße gehen.

In den Herrnhuter Losungen, mit denen ich gerne den Tag beginne, steht heute ein Vers aus dem ersten Buch der Bibel: »Der Herr wird seinen Engel vor dir hier senden.« (Genesis, Kapitel 24, Vers 7).

Engel sind keine jenseitigen Flügelwesen oder esoterische Gestalten. Sie sind mitten unter uns. Menschen, die sich von Gott einspannen lassen und zu den Geflüchteten gehen und schauen, was sie brauchen. Solidarische Menschen, die vorangehen und Wege ebnen, Leidende nicht allein lassen und dafür sorgen, dass Heimatlose in vorbereitete Verhältnisse kommen. Sie können das Leiden nicht ungeschehen machen und die Trauer um Verlorenes nicht wegnehmen. Aber sie können bei der Hand nehmen und ein Stück des Weges mitgehen.

Gott braucht dieser Tage ganze Heerschaaren von ihnen. Und er gibt ihnen Kraft. Kraft, um loszugehen und zu helfen und zu beten und Frieden zu stiften.

Pfarrer Hans-Theo Daum Dekan im Gießener Land und Notfallseelsorger

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