Glitter-Style im Zauberwald

Discokugeln müssen schon sein, wenn der »Sommernachtstraum« von Benjamin Britten im Nachtclubviertel siedelt. Die neue Oper am Stadttheater will ein Bühnenspektakel werden. Doch wo ist der Puck?
Auf den schelmischen Puck muss das Publikum verzichten. Zumindest in persona taucht der Kobold im Gießener »Sommernachtstraum« von Benjamin Britten nicht auf. Darauf verweist Regisseurin Magdalena Fuchsberger beim Pressegespräch zur neuen Oper am Stadttheater. Stattdessen irrlichtert der spitzbübische Erzähler mit seinen eigenwilligen Ansichten durch sämtliche Charaktere, getreu seinem Motto: »Was sind die Menschen doch für Narren!« Premiere des Werks nach der Komödie von William Shakespeare ist am Samstag, 11. Februar, um 19.30 Uhr im Großen Haus.
Es geht um Traum und Wirklichkeit, um Subversives in einem Wald voller Magie. Der liegt diesmal nicht unbedingt in der Nähe von Athen, obwohl ein kleiner griechischer Schriftzug den Ursprungsort erahnen lässt. Auf der Bühne versammelt sich ein großes Aufgebot. Alle sechs Sänger aus dem Ensemble sowie Gastsolisten sind zu erleben, der Kinder- und Jugendchor mischt mit, im Graben nimmt das Philharmonische Orchester Platz, das, für den häufig opulenten Britten, hier eher klein an Zahl ist.
Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Generalmusikdirektor Andreas Schüller. »Wir haben zwei Harfen und reichlich Schlagwerk für die Elfenwelt, dazu spartanische Klänge des Orchesters«, skizziert der Dirigent den Sound.
Das Stück aus dem Ende des 16. Jahrhunderts wird in der Oper von 1960 prächtig durchgeschüttelt und von fünf auf drei Akte reduziert, obschon Peter Pears in seinem Libretto beinahe die gesamte Shakespeare-Vorlage nutzt. Schüller: »So viel Text ist in einer Oper selten vertont.«
Im Zauberwald herrscht das Elfenkönigspaar Tytania und Oberon. Die beiden haben ständig Zoff. Der Puck sorgt für zusätzliches Tohuwabohu, wie gesagt, in allerlei Gestalt. Mittenrein purzeln vier junge Menschen, die einander lieben und hassen, sich verteufeln und begehren. Und dann wollen im Wald auch noch sechs Handwerker eine traurige Komödie proben. Ihr Problem: Als Materialisten glauben sie nur an das, was sie sehen und anfassen können. »Unser Wald ist ein Ort des Unbewussten, der Anarchie und des Chaos«, beschreibt Fuchsberger die Szenerie.
Toxisches Liebesleben
Sie will einen emotionalen, ja wilden Trip inszenieren. Ausstatterin Monika Biegler kennt die Details: »Statt eines Waldes zeigen wir einen Fadenvorhang mit dahinter angesiedeltem Nachtclub.« Das sorgt für eine dunkle Grundierung und ermöglicht einen Ort der Verwandlung, in dem Imagination »auch mit Glitter, Nebel und Discokugeln« Einzug hält. Hier geht es in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln rund.
Im »Sommernachtstraum« bekennt sich der britische Komponist zu seinem Landsmann als Urheber, dessen Komödie bekanntlich Urkomisches und damit Urmenschliches zeigt. Die beiden Liebespaare wandeln als Gecken durch den Zauberwald. Tytania und ihr Oberon erscheinen als toxisches Paar im 80er-Jahre-Glitter-Style, zu haben auch für die nicht alltäglichen Grausamkeiten. Und die Partitur lockt mit ihrer modernen Hinguckmusik.