Gießenerin hilft Erdbebenopfern

Das Erdbeben in der Türkei und in Syrien hat bereits über 50 000 Menschen das Leben gekostet. Neben Spenden brauchen die Menschen in der Region vor allem helfende Hände. Die 28-jährige Gießenerin Fatma Cagin hat sich daher mit anderen Freiwilligen zusammengeschlossen und ist den Menschen in der türkischen Region Hatay zur Hilfe geeilt.
Noch immer ziehen Helfer Leichen aus den Trümmern im Erdbebengebiet der Türkei und Syriens. Fatma Cagin hat das mit eigenen Augen gesehen. Zum Beispiel das Ehepaar, deren starre Arme umeinander geschlungen waren. »Sobald man da ist, bricht es einem das Herz«, sagt die Gießenerin. Die 28-Jährige ist kürzlich in die türkische Region Hatay gereist, um den Überlebenden des verheerenden Erdbebens zu helfen. In der Nacht von Freitag auf Samstag will sie erneut in den Flieger steigen und helfen.
Am 6. Februar hatten zwei Beben der Stärke 7,7 und 7,6 die Südosttürkei und den Nordwesten Syriens erschüttert. Mehr als 50 000 Menschen sind ums Leben gekommen. Allein in der Türkei wurden nach Angaben der dortigen Regierung mehr als 173 000 Gebäude in elf Provinzen des Landes zerstört.
Die Hilfsbereitschaft in Deutschland ist groß. Vor allem über die sozialen Medien werden Spenden und Gelder gesammelt. Auch das Engagement von Fatma Cagin geht auf Instagram, TikTok und Co. zurück. »Es gab einen Aufruf, Spenden zu sammeln und zusammen mit einer Gruppe in die Türkei zu bringen. Ich habe sofort beschlossen mitzumachen.«
Cagin hat türkische Wurzeln, ansonsten aber keine nähere Bindung zum Katastrophengebiet. Ihr Beweggrund? »Menschlichkeit«, sagt sie. Und so rief sie bei ihren früheren Arbeitgebern an und bat um Spenden. Mit Erfolg, alle beteiligten sich. »Aktuell arbeite ich in einer Immobilienverwaltung in Wettenberg. Dort wurde Geld gesammelt, außerdem habe ich von meinem Chef Urlaub bekommen, er und unsere Sekretärin haben meine Arbeit übernommen.« Man merkt Fatma Cagin an, dass sie für dieses Entgegenkommen sehr dankbar ist.
Vor zwei Wochen war es dann so weit. Mit vier Koffern voller Babynahrung, Fläschchen, Hygieneartikeln und weiteren Spendengütern machte sich die Gießenerin auf zum Flughafen. Dort traf sie die anderen 14 Freiwilligen, die sie zuvor lediglich online getroffen hatte. »Es war ein komisches Gefühl, wir kannten uns ja nicht. Uns hat aber geeint, dass wir helfen wollten.« Nach der Ankunft in der Türkei verbrachte die Gruppe eine Nacht im Hotel, bevor sie sich in das Krisengebiet begab.
Fatma Cagin hat Fotos und Videos auf ihrem Smartphone. Sie zeigen riesige Trümmerberge, zwischen den Steinen aufgeschlagene Zelte, aber auch Kinder, die sich über die Lieferung der Hilfsgüter freuen. »Am ersten Tag haben wir gespendete Kleidung sortiert, die auf der Straße angehäuft worden war«, erzählt Fatma Cagin. Die männlichen Mitglieder der Gruppe hätten dabei geholfen, Leichen wegzutragen. An den darauffolgenden Tagen sei sie regelmäßig mit gemieteten Autos in entlegene Dörfer gefahren, um die Menschen mit Medikamenten zu versorgen. »Wir hatten zuvor mit dem gespendeten Geld Medikamente im Wert von 10 000 Euro gekauft«, sagt die Gießenerin. Geschlafen habe sie zwischen den Trümmern in einem Zelt, ein Lagerfeuer habe bei Minusgraden für Wärme gesorgt.
Fatma Cagin hat die Woche in der Türkei tief bewegt. Sie habe Menschen gesehen, die Haus und Familie verloren haben, und dennoch tagelang in der Kälte ausharren würden, um ihre Katze wiederzufinden. Zudem hat die Gießenerin selbst Erdbeben zu spüren bekommen, wenn auch nicht in dem verheerenden Ausmaß wie am 6. Februar.
Das schreckt Fatma Cagin aber nicht ab. In der Nacht auf Samstag will sie erneut in die Türkei fliegen und den Menschen helfen. Denn neben Spenden würden vor Ort vor allem helfende Hände fehlen. »Viele Bewohner haben sich wegen der weiterhin bestehenden Erdbebengefahr in Sicherheit gebracht. Es herrscht ein Mangel an Hilfskräften.« Die Gießenerin will ihr Möglichstes tun, zumindest dieses Problem abzumildern.
Wer mit Fatma Cagin in Kontakt treten will, erreicht sie unter 0173/3686569.
