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Gießen: „Lockdown light“ mit heftigen Auswirkungen im Seltersweg - Umsatzeinbußen drohen

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Von: Christoph Hoffmann

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Viel Laub, wenig Kunden. Corona macht dem Einzelhandel weiter schwer zu schaffen.
Viel Laub, wenig Kunden. Corona macht dem Einzelhandel weiter schwer zu schaffen. © Christoph Hoffmann

Die indirekten Auswirkungen des Lockdowns bereiten den Ladenbetreibern in Gießen Sorgen. Vor allem mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft. Die Maskenpflicht in der Innenstadt haben viele Passanten noch nicht verinnerlicht.

Gießen – Der Wind bläst Laub über das Kopfsteinpflaster der Innenstadt. Für einen Novembergtag ist es ausgesprochen warm, manchmal blitzt sogar die Sonne durch die Wolken durch. Trotzdem herrscht bei vielen Geschäftsleuten der Herbst-Blues. Denn der »Lockdown Light« hat die Einzelhändler zwar verschont, die indirekten Folgen könnten aber gravierend sein.

Einkaufen in Gießen: Wenig los in der Innenstadt

Diana Blonksi verkauft in ihrem Geschäft »Butik« in der Plockstraße Deko-Artikel und Wohn-Accessoires. Die vergangenen Wochen und Monate haben ihr viel abverlangt. »Es ist sehr wenig los. Oft stehe ich hier alleine und warte auf Kunden.« Die Geschäftsfrau befürchtet, dass sich die Situation in den kommenden Wochen noch verschärfen wird. »Schließlich profitieren wir von den Restaurants und Cafés«, sagt Blonski. Es komme häufig vor, dass Passanten auf dem Weg zu einem der gegenüberliegenden Lokale an ihrem Schaufenster stehen blieben. Auf diese Laufkundschaft muss die Boutique-Betreiberin nun verzichten - was ihr vor allem mit Blick auf die Weihnachtszeit Bauchschmerzen bereitet. »Ich befürchte, dass deutlich weniger Menschen in die Innenstadt kommen.«

Einzelhandel in Gießen: Gesunkene Frequenz hat auch Vorteile

Seit dem Ausbruch von Corona hat der stationäre Einzelhandel sehr gelitten. Während Onlinehändler wie Amazon Rekordgewinne verzeichnen, bricht bei den Geschäften vor Ort der Umsatz weg. Es sind einfach deutlich weniger Menschen in der Fußgängerzone unterwegs. Das belegen auch die Zahlen des Unternehmens »hystreet«, deren im Seltersweg installierter Laser Besucherströme misst. Demnach waren seit dem 10. März 3,1 Millionen Menschen auf dem Seltersweg unterwegs. Im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres waren es noch 4,7 Millionen gewesen.

Markus Pfeffer, der Geschäftsführer des BID Seltersweg, kann der gesunkenen Frequenz durchaus etwas abgewinnen. »Frequenz ist nicht gleich Kaufkraft. Wenn die Stadt nicht mehr so voll von Bummlern ist, dafür aber Menschen gezielt zum Einkaufen kommen, ist das mit Blick auf die Infektionsgefahr gar nicht schlecht.« Pfeffer weiß aber, dass der Lockdown auch negative Effekte für die Einzelhändler haben dürfte. Schließlich lassen auch die bummelnden Bürger den ein oder anderen Euro in der Stadt.

Für den meisten Umsatz sorgen jedoch die Menschen aus dem Umland. Daher hat die Stadt vor einigen Wochen auch eine Werbekampagne gestartet, die genau auf diese Zielgruppe zugeschnitten ist.

Gießen: Deutlich weniger Kunden als 2019 – „Wird dramatisch“

Peter Hoffmann, der im Neuenweg das Modegeschäft »Non plus Ultra« betreibt, hätte sich diesbezüglich aber mehr gewünscht. »Ich verstehe, dass durch weniger Parkplätze die Aufenthaltsqualität in der Stadt erhöht wird. Die Einreisequalität leider jedoch darunter«, sagt der Geschäftsmann und fügt an, dass viele seiner auswärtigen Kunden die Fahrt in die Stadt inzwischen meiden würden. Die Entwicklung der Infektionszahlen habe diesen Trend befeuert. »Die Leute sind ängstlicher und kommen nicht mehr in die Stadt. Wir haben daher extra eine Virenfilteranlage eingebaut, um den Kunden und Mitarbeitern Sicherheit zu geben.« Hoffmann ist jedoch Realist genug um zu wissen, dass die Investition auch keinen Boom auslösen wird. »Ich gehe davon aus, dass sich viele Menschen in einen freiwilligen Lockdown begeben und ihre Weihnachtseinkäufe noch stärker als zuvor online abwickeln.«

Ludwig Vordemfelde, der Geschäftsführer des Modehauses Köhler, blickt ebenfalls mit Sorgen auf das Weihnachtsgeschäft. Schließlich seien die Umsätze schon in den vergangenen Wochen stark zurückgegangen. »Ich sehe ein, dass die Maßnahmen ergriffen werden mussten. Es ist aber schade, dass diejenigen, die sich an die Regeln gehalten haben, nun abgestraft werden.« Vordemfelde bezweifelt zudem, dass der Lockdown nur vier Wochen andauern werde. »Die Folgen der Partys vom Wochenende werden wir erst in zwei Wochen sehen«, sagt der Geschäftsmann und fügt hinzu: »Es wird dramatisch werden.« Vordemfeldes Worte klingen so, als ob nicht nur den Einzelhandel meint.

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