»Gießener Bub« will in den Landtag

Frederik Bouffier hat am Freitagabend erwartungsgemäß die nächste Hürde auf dem Weg in den Hessischen Landtag genommen. Ohne Gegenstimme wurde der demnächst 32-Jährige CDU-Stadtverbandschef als Wahlkreiskandidat nominiert. Sein Vorgänger Klaus Peter Möller nahm nach 20 Jahren endgültig und leise Abschied aus der Landespolitik.
Beim Fußball-Länderspiel in Leipzig war die deutsche Nationalhymne gerade verklungen, da wurde »Einigkeit und Recht und Freiheit« von den gut 50 Delegierten des CDU-Wahlkreisparteitags im Wiesecker Bürgerhaus angestimmt. Gut ein Jahr vor der noch nicht genau terminierten Hessischen Landtagswahl zog die heimische Union die Nominierung von Frederik Bouffier zu ihrem Kandidaten im Wahlkreis 18 Gießen-Stadt am Freitag nicht unnötig in die Länge. Nach knapp eineinhalb Stunden waren Bouffier und seine Ersatzkandidatin Michelle Kraft aus Lollar mit jeweils großer Mehrheit gewählt und die Blumensträuße verteilt. Mit guten Wünschen fürs Wochenende und die Hessen-Wahl entließ Versammlungsleiter Helge Braun seine Parteifreunde in den Abend.
Anders als im Wahlkreis Gießen-Land, wo sich eine Handvoll Kandidaten um die Nachfolge von Volker Bouffier bewerben, war sein Sohn Frederik einziger Kandidat, den die Delegierten aus Gießen, Heuchelheim, Wettenberg, Biebertal, Lollar und Staufenberg mit einem 98-Prozent-Votum in den Wahlkampf schickten.
Habeck, »Layla« und Winnetou
Etwas unter ging der Abschied von Bouffiers Vorgänger Klaus Peter Möller, der im Wahlkreis 18 seit 2003 bei fünf Landtagswahlen angetreten war und den Stadt-Wahlkreis einmal (2003) direkt gewonnen hatte. Bouffier bedankte sich bei seinem Vorgänger und erinnerte an Möllers Einsatz für das INGE-Gesetz, durch das die Gründung der Gießener BID-Innenstadtvereine erst möglich wurde. Möller wiederum oblag die Aufgabe, den Delegierten die Wahl von Frederik Bouffier ans Herz zu legen. Als »Gießener Bub« bringe Bouffier trotz seines Alters das nötige Rüstzeug für ein politisches Hauptamt bereits mit. Zudem stehe Bouffier, der Möller bereits als Parteichef beerbt hatte, »mit beiden Beinen im Leben«.
Zu Beginn seiner gut 20-minütigen Rede gab Bouffier gleich die Ziele für die nächsten Hessen-Wahl aus: Verteidigung der Staatskanzlei mit einem Ministerpräsidenten Boris Rhein und Gewinn der beiden Gießener Direktmandate, was der CDU in den letzten Jahrzehnten allerdings nur selten geglückt ist.
Über weite Strecken arbeitete sich der Kandidat an der »Ampel« in Berlin ab, die »zerstritten, planlos und erfolglos« agiere. Die vermurkste Gasumlage und die Weigerung, die noch drei verbliebenen Atomkraftwerke zur Sicherung der Stromversorgung ans Netz zu bringen, gingen auf das Kontos des »völlig überschätzten« grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck. Kritik übte Bouffier auch an der geplanten Freigabe der Droge Cannabis und der Einführung eines sanktionsfreien Bürgergelds, mit dem sich die Bundesregierung »vom Leistungsprinzip verabschiedet«.
Ersatzkandidatin überzeugt
Ohne dies parteipolitisch zu adressieren, ging Bouffier auch auf die Debatten um den Kirmeszelt-Schlager »Layla«und den Umgang mit »Winnetou« ein. Während sich kleine. aber lautstarke Gruppen als Zensoren über Gut oder Böse, falsch und richtig aufspielten, werde die CDU den Menschen »nie vorschreiben, wie sie zu reden, zu essen oder zu leben haben«, sagte Bouffier unter Beifall. Während er mehrfach die »Bundesgrünen kritisierte, lobte er die Zusammenarbeit mit den Grünen in Hessen. Das Land stehe »sehr gut« da, innere Sicherheit, Schulen und Finanzen seien bei der CDU in besten Händen. Für Mittelhessen seien die Sicherung der Gesundheitswirtschaft und der Erhalt des Uniklinikums »von überragender Bedeutung«.
Zur Ersatzkandidatin wurde mit 90 Prozent Michelle Kraft aus Lollar gewählt, die den Parteitag mit einer erfrischenden Rede, die vom Ehrenkreisvorsitzenden Volker Bouffier mit anerkennendem Kopfnicken quittiert wurde, »rockte«. Es bleibt das Geheimnis von fünf Delegierten, die den mit viel Beifall bedachten Auftritt der 33-Jährigen mit Nein-Stimmen »belohnten«.