„Keine Vier-Tage-Woche“: Uni Gießen will Energie einsparen - und dreht die Heizung runter
Die Justus-Liebig-Universität Gießen will im Wintersemester Energie sparen und an drei Tagen die Heizung runterdrehen. Die Pläne stoßen auch auf Kritik.
Gießen - Sorgen der Studierendenschaft, dass an der Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen infolge von Energieeinsparungen Gebäude an bestimmten Tagen geschlossen werden könnten, hat der Präsident der Hochschule, Joybrato Mukherjee, als unbegründet bezeichnet.
Es sei »ausdrücklich keine Vier-Tage-Woche«, wenn an vier Werktagen in den Hochschulgebäuden eine Temperatur von 19 Grad gewährleistet und diese dann von Freitag bis Sonntag auf 16 Grad gedrosselt werde. Mit solchen »flächendeckenden und robusten« Schritten will die JLU 25 Prozent ihres Energiebedarfs im Vergleich zum Vorjahr einsparen, erklärte Mukherjee in der Senatssitzung am Mittwoch im Hauptgebäude.

Uni Gießen informiert über Energiesparpläne fürs Wintersemester
In einem Rundschreiben hatte das Präsidium die 27.500 Studierenden und 5700 Beschäftigen über die geplanten Energieeinsparungen informiert. Unter anderem ist die Effektbeleuchtung am Hauptgebäude und am Zeughaus ausgeschaltet worden. Zudem wird die Außenbeleuchtung universitätsweit in den verschiedenen Campusbereichen zwischen 22 Uhr und 5 Uhr abgeschaltet - Ausnahmen bestätigen die Regel. Ab 1. Oktober sollen die Öffnungszeiten der Universitätsbibliothek reduziert werden. Ein weiterer Schritt ist eine verlängerte Weihnachtspause bis zum 9. Januar 2023. In dieser Zeit werden keine Lehrveranstaltungen stattfinden.
An Werktagen werden die Betriebszeiten für Forschung, Lehre und Verwaltung von 8 bis 18 Uhr begrenzt. Zwischen Freitag und Sonntag soll außerdem die Temperatur gedrosselt werden. Veranstaltungen, die zu diesem Zeitraum stattfinden sollten, müssen laut Mukherjee entweder verschoben werden oder »punktuell« digital stattfinden. Laut Guido Eisfeller, Dezernent des für Liegenschaften, Bau und Technik zuständigen Dezernats E, haben Analysen gezeigt, dass die Auslastung der Gebäude durch Lehrveranstaltungen am Freitag am geringsten sei.
Uni Gießen dreht freitags und am Wochenende die Heizung runter - Drei bis fünf Prozent der Veranstaltungen im Wintersemester betroffen
Von den reduzierten Heizzeiten seien drei bis fünf Prozent aller Veranstaltungen betroffen. Zurzeit würden jedoch bestimmte energieeffiziente Gebäude identifiziert, in denen an den drei Tagen Lehrveranstaltungen gebündelt stattfinden können, sagte Eisfeller. Zudem, ergänzte Mukherjee, könnten dort studentische Arbeitsräume entstehen. Eisfeller nannte in diesem Zusammenhang zum Beispiel das neue Seminargebäude am Philosophikum.
Die aktuellen Pläne hält JLU-Präsident Mukherjee nicht für unumstößlich. »Wir suchen einen Mittelweg, so viel Präsenz wie möglich zu schaffen und Energie einzusparen.« Wenn sich jedoch ein Mittel nicht als sinnvoll erweise, »werden wir nachsteuern«, versprach Mukherjee. Er ist sicher, dass dies auch nötig sein wird. Die aktuelle Lage sei sehr dynamisch und hänge auch von der Frage ab, wie kalt, wie mild, wie lange oder kurz der Winter wird.
Uni Gießen: „Dicken Pulli anziehen“ ist kein korrekter Hinweis mit Blick auf Arbeitsschutz
Großen Diskussionsbedarf gab es im Senat nicht. Prof. Renate Deinzer sagte, sie stimme dem Plan zu, die Temperaturen zu senken. Nur sei der Hinweis, bei gedrosselten Temperaturen einfach einen dicken Pulli anzuziehen, mit Blick auf den Arbeitsschutz nicht korrekt. »Ich hoffe auf weitere, intelligente Vorschläge, die sich nicht auf die Bitte ›Schränk’ dich ein‹ beschränken.« Eine weitere Anfrage bezog sich auf die vielen Flachdächer der Uni-Liegenschaften. Ob die JLU nicht mittels Fotovoltaikanlagen in die Eigenproduktion von Energie einsteigen wolle? »Das ist auf jeden Fall ein Thema«, sagte Mukherjee, aber die rechtlichen Hürden für eine öffentliche Einrichtung, die selbst Energie einspeisen will, seien hoch.
Aktuell sei es wichtig, dass die Hochschulgemeinschaft geschlossen beim Energiesparen mitmache. »Es wird ein Kriegswinter«, sagte Mukherjee. Aber die Probleme hierzulande müssten relativiert werden, wenn man sich die Lage in der vom russischen Angriffskrieg betroffenen Ukraine ansehe. (Kays Al-Khanak)