„Sollen sie doch Porsche fahren“: Fake-Plakate der FDP am Gießener Bahnhof

In Gießen hängen Plakate mit Christian Lindner, die auf den ersten Blick von der FDP stammen könnten. Schnell wird allerdings klar, dass sie nicht von den Liberalen sein können.
Gießen – Schon an mehreren Orten haben sie für Verwunderung gesorgt: Plakate mit dem Bild des FDP-Bundesvorsitzenden und Finanzministers Christian Lindner. Darauf: das Gesicht der FDP, inklusive den magenta-gelben Parteifarben und dem originalen Logo. Das einzige, was die Poster von offiziellen Aushängen der Partei unterscheidet, sind die Slogans – die offensichtlich nicht von den Liberalen selbst stammen.
Die Plakate sind inzwischen auch in Gießen aufgetaucht. Dort steht unter dem bekannten Konterfei Lindners: „Kein Geld für ÖPNV? Sollen sie doch Porsche fahren.“ Der Slogan ist angelehnt an ein berühmtes Zitat, dass Marie Antoinette zugeschrieben wird. In dieser (von Historikern widerlegten) Form lautet der Ausspruch: „Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen“. Der Legende nach soll die Frau von Ludwig XVI. sich auf die hungernde Bevölkerung bezogen haben.
Diesmal geht es aber um den ÖPNV, ursprünglich um ein Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket. Aufgehängt hat die Plakate die Künstlergruppe „Dies irae“, latein für „Tag des Zorns“. Anfang November schrieb die Gruppe auf Twitter dazu: „Menschen, die der Staat finanziell verarmen lässt, haben nix vom #49euroticket. ÖPNV muss für alle zugänglich sein.“ Das 49-Euro-Ticket ist der Nachfolger des 9-Euro-Tickets, das im Sommer auch in Gießen stark nachgefragt war.
Fake-Plakat in Gießen aufgetaucht: Staatsschutz ermittelt
Dieses bewusste Kapern von Werbetafeln nennt sich „Adbusting“, die Gruppe verwendet das Mittel bereits seit vielen Jahren bei allen möglichen Themen. Gießen ist nicht der erste Ort, an dem die Plakate mit der Fake-Wahlwerbung entdeckt wurden. Auch auf der Website Reddit sind Bilder der Plakate aufgetaucht. Es ist nicht das erste Mal, dass die Künstlergruppe aktiv wurde: „Dies irae“ war mit ihrer Aktion schon an Bus- und Bahnhaltestellen in vielen deutschen Städten unterwegs, unter anderem in Frankfurt, Offenbach, Mannheim, Stuttgart, Darmstadt und Hamburg. Schon Sommer dieses Jahres wurde die Aktion breit diskutiert, auch der Staatsschutz hat Ermittlungen aufgenommen. Damals wegen Plakaten in Düsseldorf. Das sei bei möglichen Straftaten bei Wahlwerbung der übliche Schritt, wie die Polizei gegenüber dem WDR mitteilte.
Einer der Kernpunkte der Kritik war, dass das Parteilogo im Original abgebildet wurde. „Dies Irae“ verteidigte sich: „Wir trauen den Menschen, die unser Plakat sehen zu, dass sie sofort verstehen, dass es unmöglich von der FDP kommen kann“, hieß es damals aus der Gruppe. „Wenn man den Leuten an der Bushaltestelle ansieht, dass es wegen des Plakats in ihrem Kopf knirscht oder dass es ein Lächeln auf das Gesicht zaubert, haben wir einen guten Job gemacht.“ (spr)