Wie eine S-Bahn in der Stadt: Initiative forder Regiotram in Gießen

Die Verkehrswende ist auch in Gießen ein großes Thema. Eine Initiative fordert nun mit konkreten Vorschlägen eine Regiotram für die Stadt.
Gießen – »Jeden Tag fahren 30 000 Fahrzeuge den Anlagenring entlang und belasten die Gießener Innenstadt mit CO2 und Feinstaub. Uns geht es um den massiven Ausbau des Busnetzes und die höhere Frequentierung der Stadtbusse. Das ist angesichts des prognostizierten Bevölkerungswachstums auch bitter nötig«, sagte Till Hentschel, Mitglied der Initiative »Verkehrswende Gießen«, zu den Teilnehmern der Fahrraddemonstration am Samstagvormittag. 80 Radler folgten dem Aufruf, sich für die Einführung einer Regiotram für Gießen einzusetzen.
Die Route führte vom Berliner Platz zur Grünberger Straße über den Anlagering, zur Frankfurter Straße/Ecke Liebigstraße und zurück zum Berliner Platz, mit kurzen Stopps an möglichen Halte- und Abzweigpunkten für die Bahn.
Gießen: Regiotram vergleichbar mit S-Bahn
Die Initiative setzt sich für ein verändertes Mobilitätsverhalten mit dem Ziel ein, den CO2-Ausstoß drastisch zu verringern. Daher gehört es zu deren Forderungen, den ÖPNV zu stärken. Mit der Fahrraddemo wollten sie ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Regiotram hinweisen. Organisator Till Hentschel erläutertedas Konzept der Regiotram, das bereits in Kassel und in Karlsruhe sehr erfolgreich verwirklicht werde.
Eine Regiotram ist vergleichbar mit einer S-Bahn. Sie hat - im Gegensatz zu einer städtischen Trambahn - die gleiche Spurbreite wie die Züge der Bundesbahn und kann daher die gleichen Gleise und die elektrischen Anlagen nutzen. So könnte zum Beispiel in bestimmten Abständen ein Zug der Vogelsbergbahn an der Grünberger Straße in Richtung Innenstadt abbiegen und dort über verschiedene Haltepunkte sich auf Höhe der Frankfurter Straße wieder in das Schienennetz der Bahn eingliedern und zum Bahnhof fahren und umgekehrt. Dies solle als zusätzliches Angebot zu den normalen Zügen der Vogelsbergbahn oder anderen Regionalbahnen angeboten werden. »Uns ist es wichtig, dass die Menschen umsteigefrei in die Innenstadt kommen können und nicht erst zum Bahnhof fahren, um anschließend in die Innenstadt zu fahren«, sagte Hentschel.
Gießen: Menschen bekommen im Bus keinen Sitzplatz
Damit einher gehe es auch um den massiven Ausbau des Busnetzes. Schließlich sei Busfahren oft sehr unattraktiv und käme schon jetzt häufig an seine Belastungsgrenzen. Als Beispiel nannte er die Linie 1, wo die Menschen oft um ihren Sitzplatz bangen müssten »Wir brauchen auch den Mut zu Visionen! Daher brauchen wir auch neue Gleise. Die Grünberger Straße muss ohnehin saniert werden«.
Eine Regiotram würde die Entlastung schaffen, die dringend gebraucht werde. Sie fahrte elektrisch und minimiere den Treibhausgasausstoß erheblich. »Sie ist die Mobilität von morgen und auch schon von heute«.
Gießen: Alternative zum Auto bieten
Hentschel sagte, dass im Koalitionsvertrag die Prüfung einer Regiotram in Form einer Machbarkeitsstudie stehe. Von dieser Studie hänge jedoch die Finanzierung und damit auch die Realisierung dieses Projekts ab. »Diese Machbarkeitsstudie ist es, die über die Fördermittel von Bund, Land und EU entscheidet. Bis zu 90 Prozent der Kosten für unsere Tram könnten dann übernommen werden. Also lieber Koalition - worauf wartet ihr noch?«, fragte er.
In einem Gespräch im Anschluss an die Kundgebung sagte er, dass es ihm vor allem um ein zusätzliches und attraktives Angebot im Bereich des ÖPNV ginge. Ziel sei nicht, sämtliche Autos aus Gießen zu verbannen. »Wenn wir wirklich wollen, dass die Leute ihre Autos stehen lassen, dann müssen wir ihnen Alternativen bieten. Das Neun-Euro-Ticket hat das gezeigt«, erläuterte er.
Die Gruppe plant noch weitere Veranstaltungen und Aktionen, um ihre Forderungen öffentlich zu machen. (Barbara Czernek)
Ein Verkehrsversuch in Gießen startet nach heftiger Kritik erst 2023.