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Weltunternehmen baut neuen Standort in Gießen – Bundesweit einzigartiges Projekt geplant

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Von: Marc Schäfer

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Um die Tragfähigkeit zu verbessern, müssen auf dem ehemaligen AAFES-Gelände derzeit rund 400 Betonpfähle in die Erde gerammt werden. Der dadurch entstehende Lärm stört die Anwohner - vor allem in Rödgen und Buseck.
Um die Tragfähigkeit zu verbessern, müssen auf dem ehemaligen AAFES-Gelände derzeit rund 400 Betonpfähle in die Erde gerammt werden. Der dadurch entstehende Lärm stört die Anwohner - vor allem in Rödgen und Buseck. © Oliver Schepp

Die nächsten beiden Mieter im VGP-Park „Am Alten Flughafen“ in Gießen stehen fest. Es sind Rhenus Logistic und UPS. Besonders die Pläne von UPS klingen interessant.

Gießen - Derzeit sorgt die Großbaustelle auf dem früheren AAFES-Gelände im ehemaligen US-Depot vor allem bei den Anwohnern im Stadtteil Rödgen und in Großen-Buseck für Aufsehen (siehe am Ende des Textes), schon bald aber könnte deutschlandweit interessieren, was dort gerade entsteht. Nachdem im Oktober bekannt geworden war, dass der Online-Versandhändler Zalando im derzeit im Bau befindlichen VGP-Park eine Fläche beziehen und dort ein Logistikzentrum betreiben wird, ist nun auch klar, dass das global tätige US-amerikanische Paket- und Kurierdienstunternehmen UPS in dem entstehenden Logistikpark seinen ersten Healthcare-Standort in Deutschland aufbauen wird. »Wir können bestätigen, dass wir eine neue Niederlassung in Gießen planen, die für Dienstleistungen im Bereich Healthcare sein wird«, erklärte eine Sprecherin des Unternehmens auf GAZ-Anfrage.

UPS siedelt sich mit Healthcare-Sparte in Gießen an: Erster deutscher Standort dieser Art

Die Healthcare-Sparte von UPS ist darauf spezialisiert, Pharmazeutika, Labordiagnostik und medizinisches Gerät zu transportieren. Die Dienstleistungen umfassen die Lagerbestandsverwaltung, die Lagerung und den gesamten Prozess der Auftragsabwicklung für Medizinprodukte für Labore und Proben aus klinischen Studien, vor allem aber die Möglichkeit einer Kühlkettenverpackung und eines Kühlkettenversands zwischen 8 und -80 Grad Celsius. Dieses Segment der Kurierdienstbranche ist nach Ansicht des Unternehmens ein stark expandierender Markt. Schon Ende 2022 will das Unternehmen daher diese Dienstleistung auf einer Fläche von rund einer Million Quadratmeter weltweit anbieten.

Laut UPS soll der Standort in Gießen im Dezember 2022 in Betrieb gehen und auf bis zu 20 000 Quadratmetern Lagerfläche bieten, darunter 2000 Quadratmeter Kühlraum und 800 Quadratmeter Gefrierraum. Zudem soll ein Bereich für gute Herstellungsverfahren (GMP) und ein Bunker für gefährliche Güter entstehen.

Ob die Entscheidung, den ersten deutschen Standort dieser Art in Gießen aufzubauen, mit der geografischen Nähe zum Impfstoffhersteller Biontech in Marburg, zu begründen ist, kann wohl erst später beantwortet werden. »Weitere Information zu dem Standort werden in Kürze folgen«, vertröstet UPS derzeit. Auf der eigenen Internetseite bezeichnet sich das Unternehmen allerdings selbst als »Vertrauenswürdiger Partner für die sichere Lieferung von Covid-19- Impfstoffen« und hat eigenen Angaben zufolge bis Ende 2021 weltweit über 3 Milliarden Impfstoffdosen ausgeliefert. Die neue Niederlassung in Gießen wird kein Ersatz für die bestehende UPS-Niederlassung im Ursulum und die dortige Paketverteilung sein.

Gesamte Fläche am Alten Flughafen in Gießen bereits vermietet

Auch der dritte Mieter im VGP-Park steht dem Vernehmen nach fest. Dabei soll es sich um den internationalen Logistikdienstleister Rhenus handeln, der seinen bestehenden Gießener Standort im Europaviertel mit weiteren Flächen im VGP-Park erweitern will. Eine Bestätigung seitens des Unternehmens gab es allerdings bisher nicht. Laut VGP ist damit am Alten Flughafen die gesamte Mietfläche von 241 396 Quadratmetern vermarktet.

Im Rahmen der Bauarbeiten am VGP-Park werden auf dem Gelände derzeit Stahlbetonrammpfähle als Gründungselemente in den Untergrund eingebracht. Dies hat in den letzten Tagen zu Lärmbeschwerden aus der Nachbarschaft, vor allem aus Trohe und Rödgen geführt. Der Landkreis Gießen ist als Bauaufsichtsbehörde auch zuständige Bau-Immissionsschutzbehörde und hat sich dem Thema angenommen. »Von der Bauaufsichtsbehörde wurden in der letzten Woche orientierende Schallmessungen in Rödgen, Trohe und vor einem Wohnkomplex Am Stolzenmorgen in Gießen durchgeführt«, sagt Landkreis-Sprecher Dirk Wingender. »Dabei wurden keine Überschreitungen der Richtwerte festgestellt.«

In Absprache mit dem Bauherren, der VGP Industriebau, wurden von dieser weitere Schallschutz- und Erschütterungsmessungen beauftragt. Die Messberichte liegen dem Landkreis nun vor. »Nach einer ersten Sichtung werden die Werte für den Erschütterungsschutz eingehalten. Die Lärmmessungen deuten auch darauf hin, dass die Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden, lassen aber Fragen offen. Insbesondere wurden in Rödgen keine Werte erhoben«, sagt Wingender. Daher habe die Behörde weitere Messungen durch ein Fachbüro in Auftrag gegeben. Hierbei werden auch in Rödgen und an der EAEH Werte erhoben. Ergebnisse sollen Anfang nächster Woche vorliegen. »Ob weitere Maßnahmen erforderlich sind, wird sich bis Anfang/Mitte nächster Woche klären«, sagt Wingender.

Gießen: Laute Rammarbeiten könnten bis Ostern dauern

Maßgeblich für die Beurteilung von Baulärm ist das Bundes-Immissionsschutzgesetzes und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (AVV Baulärm), die unterschiedliche Immissionsrichtwerte festsetzt. Sie bewegen sich zwischen 45 und 70 dB(A). Für Baustellen in Mischgebieten ist ein Richtwert von 60 dB(A) einzuhalten. Bei einer Überschreitung kann die Behörde Schallschutzmaßnahmen oder zeitliche Beschränkungen für die Bauarbeiten anordnen. Bei erheblichen Überschreitungen ist die Stilllegung von Maschinen möglich.

Die Anwohner brauchen Geduld, denn die Rammarbeiten werden, sofern keine Beschränkungen angeordnet werden, noch elf Wochen andauern. Zulässig sind sie in der Zeit von 7 bis 20 Uhr. »Die VGP Industriebau bedauert die Lärmbelästigung, bittet die Anwohner jedoch um Verständnis«, heißt es in einer Stellungnahme. Die Arbeiten seien für die Erstellung der Fundamente unerlässlich, sollen aber »bis spätestens Ostern« abgeschlossen sein. Zudem stehe man in enger Abstimmung mit der Bauaufsicht

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