Gießener Tierheim nimmt Vierbeiner aus der Ukraine auf - Platz wird allmählich knapp

Geflüchtete und Tierschützer bringen Katzen und Hunde aus dem Kriegsgebiet nach Gießen mit. Wie läuft hier die Versorgung?
Gießen - Täglich fliehen Tausende aus der Ukraine. Darunter überwiegend Frauen und Kinder. Oft sind auch Hunde, Katzen und andere Haustiere mit im Fluchtgepäck, viele wollen ihre geliebten Tiere nicht im Kriegsgebiet zurücklassen. Zu Beginn hieß es, dass am Gießener Standort der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen (EAEH), der zurzeit an seine Kapazitätsgrenzen stößt, keine Haustiere erlaubt seien. Doch inzwischen ist bekannt, dass auch diese mit aufgenommen werden. »Das ist auch gut so«, sagt Astrid Paparone, Vorsitzende des Tierschutzvereins Gießen und Umgebung.
Zum einen sei es für die Menschen wichtig, die durch den Krieg und die Flucht traumatisiert seien. Insbesondere für die Kinder sei es hart, sich von den Tieren zu trennen, die auf der Flucht ein wichtiger Trost gewesen seien. »Aber auch die Tiere sind traumatisiert«, sagt Paparone. »Gerade die Katzen sind oft völlig durch den Wind. Sie sind teils durch die Flucht und die Geräusche des Krieges sehr verängstigt, sie können nicht orten, wo beispielsweise der Lärm der Bomben herkommt.« Außerdem seien Katzen sehr ortsgebundene Tiere. Es wäre nicht gut, Ort und Anschluss zur Familie zu verlieren.
Gießen: Über 20 Tiere aus der Ukraine in Obhut genommen
Obwohl Haustiere mit in die EAEH dürfen, werde der Platz im Gießener Tierheim allmählich knapp. »Doch wir nehmen weiter Anfragen entgegen und bemühen uns, Tiere auch an private Pflegestellen zu vermitteln«, sagte Paparone. Ob ein Tier im Tierheim bleibe oder auf eine Pflegestelle komme, hänge von den Bedürfnissen des Tieres ab. So werde für jedes Tier ein passender Platz gefunden. »Kürzlich haben wir einen alten und senilen Mischlingshund bekommen«, erzählt Paparone. »Er braucht besondere Zuwendung. So war es für ihn besser, auf einen Pflegeplatz mit Erfahrung zu kommen.«
Aktuell befinden sich über 20 Tiere aus dem Kriegsgebiet in Obhut des Tierheims und auf Pflegestellen. Doch die Situation könne sich von Tag zu Tag ändern. Die Abgabe der Flüchtlingstiere im Tierheim sei als Übergangslösung gedacht, bis diese zu ihren Besitzern zurückkönnen. »Doch es ist nicht absehbar, wie lange das im Einzelfall dauert, manche suchen eine Unterkunft, andere sind im Krankenhaus.«
Ukraine-Krieg: Zehn Katzen aus Kiew nach Gießen gebracht
Und dann gebe es noch Tiere aus der Ukraine, die ohne ihre Besitzer nach Gießen gebracht wurden: »Zehn Katzen kommen von einer privaten Tierschutzorganisation aus Kiew«, erzählt Paparone. Die Besitzer hätten die Tiere vor der Flucht dort abgegeben, mit der Prämisse, dass sich dort gut um diese gekümmert werde. Doch dann habe das Kriegsgeschehen in Kiew dafür gesorgt, dass auch die Tierschützer, die die Katzen zuvor aufgenommen hatten, das Land verlassen mussten. »Niemand wollte die Tiere zurücklassen. Und so wurden die Katzen in einem Transporter erfolgreich aus der Ukraine gebracht.« Von über 30 Tieren seien zehn Katzen im Gießener Tierheim aufgenommen worden. Derzeit befinden sich noch einige Katzen in der Quarantäne.

Gießener Tierheim versucht, Plätze für Fluchttiere aus der Ukraine vorzuhalten
Da die Ukraine kein EU-Land ist und Tollwut dort noch ein Thema sei, müssten viele der Fluchttiere in Quarantäne. Je nach Impfstatus (in der Ukraine gelten andere Regeln zur Tierimpfung als in Deutschland) und Tollwuttiter - also die Bestimmung der Tollwutantikörper - variieren die Quarantäneauflagen, erklärt Paparone. »Wir müssen alle Tiere, die wir aufnehmen, beim Veterinäramt melden.« Dieses entscheide dann in jedem Einzelfall, ob und wie lange das jeweilige Tier in Quarantäne müsse, sagt Paparone. Sobald die Katzen aus Kiew aus der Quarantäne entlassen werden, können diese an neue Besitzer vermittelt werden.
Zudem versuche das Tierheim weiterhin Plätze für Tiere aus der Ukraine vorzuhalten. »Wir wissen nicht, wie sich der Krieg noch entwickelt, und wie viele Tiere in der EAEH am Standort aufgenommen werden können. Daher halten wir uns bei der Aufnahme von Abgabetieren zurück«, sagt die Vorsitzende. Das Tierheim sei verpflichtet, Fundtiere aufzunehmen und werde dies tun, doch bei der Abgabe aus privaten Haushalten werde der Abgabegrund auf seine Triftigkeit überprüft.
Gießen: Private Hilfe für geflüchtete Tierfreunde aus der Ukraine gefragt
Zurzeit habe das Tierheim die Möglichkeit, ungefähr für je zehn Hunde und Katzen Quarantäne-Zimmer anzubieten. Die genaue Anzahl variiere je nach der Menge an Tieren vor Ort. Zudem werde versucht, auch Quarantäneplätze in privaten Haushalten zu organisieren.
Vor den Katzen aus Kiew hatte das Tierheim auch einen Hund und eine Katze von zwei Familien aus der Ukraine aufgenommen, diese seien inzwischen wieder bei ihren Besitzern. Für Geflüchtete aus der Ukraine, die nicht wissen, wo sie ihr Tier hinbringen können, hat das Tierheim auch Informationen in Facebook auf ukrainisch geteilt. Die Unterbringung im Tierheim ist für diese kostenlos. »Wir unterstützen, wo wir können«, sagt Paparone. Dennoch sei es gut, wenn sich auch private Haushalte bereit erklärten, Familien mit Tieren aufzunehmen. Um den Tieren aus der Ukraine im Tierheim zu helfen, seien auch Katzenfutter-, Streu- oder Geldspenden für die Tierarztkosten willkommen. (Sophie Mahr)