Umstrittene Waffenmesse kommt nach Gießen: Gericht hat entschieden

Die Stadt fürchtet, dass auch verbotene NS-Gegenstände auf der Waffenmesse sein werden. Das Gericht lässt die Messe in Gießen dennoch zu.
Update vom Mittwoch, 15. November, 13.45 Uhr: Die Waffenbörse „WBK International“ kann ab Donnerstag (17. November) in Gießen stattfinden. Das hat am Mittwoch (16. November) der für das Gewerberecht zuständige 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) entschieden und damit die Beschwerde der Stadt Gießen gegen einen gleichlautenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 11. November 2022 zurückgewiesen.
Der Beschluss ist unanfechtbar, teilt der VGH in einer Presseerklärung mit. Die Stadt Gießen hatte ihrer Beschwerde unter anderem damit begründet, es sei davon auszugehen, dass sich die Veranstalterin der Waffenbörse nicht an die Vorgaben des Waffengesetzes zum Verkauf und zur Ausgabe von Waffen halten werde. Daneben fehle es an einem qualifizierten Sicherheitskonzept für die festgesetzte Ausstellung. Auch mangele es an einem wirksamen Konzept zur Unterbindung des Verkaufs von NS-Devotionalien.
Der 8. Senat hat entschieden, dass die Versagung der Festsetzung einer Ausstellung wie der Waffenbörse nur als letztes Mittel in Betracht komme. Einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung müsse „vorrangig durch wirksame Auflagen und Zugangsbeschränkungen“ begegnet werden.
Waffenmesse in Gießen: Abkleben von NS-Symbolen reicht nicht
Außerdem könne die Entscheidung über die Festsetzung der Waffenbörse „WBK international“ von der Stadt nachträglich widerrufen oder zurückgenommen werden, sollten Aussteller die gesetzlichen Vorgaben missachten und die Veranstalterin gegen dieses Verhalten nicht einschreiten.
Daneben fehle es für die von der Stadt Gießen gehegten Befürchtungen an einer tragfähigen Grundlage. Ein Hinweis auf die gesetzlichen Vorgaben zum Verkauf und zur Ausgabe von Waffen finde sich in den Ausstellungsbedingungen der Veranstalterin sowie auf dem Internetauftritt zu der streit befangenen Ausstellung. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Veranstalterin davon ausgehe, das bloße Abkleben von NS-Symbolen sei kein Verstoß gegen geltendes Recht, sodass sie bereit sei, das Abkleben derartiger Symbole zu tolerieren.
Kommt die Waffenmesse nach Gießen? Tauziehen geht weiter
Erstmeldung vom Montag, 14. November: Gießen – Der juristische Streit um die geplante Waffenmesse in Gießen geht weiter. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gießen, die für den 17. bis zum 19. November geplante Veranstaltung in den Hessenhallen zu gestatten, hat die Stadt Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Es sei mehr als unwahrscheinlich, heißt es in der Begründung der Ordnungsbehörde der Stadt, dass sich der Veranstalter an die Vorgaben und entsprechende Auflagen halten werde.
Ende Oktober war bekannt geworden, dass die Messe »WBK International« in dieser Woche in Gießen stattfinden soll. Jahrelang war die von Wolfgang Krey organisierte Veranstaltung in Kassel beheimatet. 2021 jedoch verbot die Stadt die Messe. Es folgte ein weiterer und erfolgloser Versuch, die Veranstaltung in Halle stattfinden zu lassen. Während der Ausstellung sollten »antike und moderne Jagd-, Schuss- und Sportwaffen sowie Zubehör und Militaria« angeboten werden. Umstritten ist die Messe, weil dort NS-Erinnerungsware angeboten wird. In Kassel, wo die Veranstaltung bis zu 20.000 Besucher zum Teil aus dem rechten Milieu angelockt hat, habe diese Ware oft bis zu einem Drittel aus NS-Devotionalien bestanden, schrieb die Hessisch/Niedersächsische Allgemeine.
NS-Gegenstände auf Messe in Gießen? Aussteller wurden auf mögliche Strafbarkeit hingewiesen
Die Stadt hatte dem Veranstalter die beantragte gewerberechtliche Festsetzung verwehrt und einer waffenrechtlichen Prüfung der Messe durch den dafür zuständigen Landkreis vorgegriffen. Sie begründete dies damit, dass auch ein Hand- oder Direktverkauf von Waffen vorgesehen sei. Dies sei ohne Ausnahmegenehmigung rechtswidrig. Außerdem sei damit zu rechnen, dass NS-Devotionalien zum Verkauf angeboten werden. Dies sei eine Straftat, und ein Abkleben der Symbole reiche nicht aus.
Krey war gegen die Entscheidung der Stadt juristisch vorgegangen und hatte entgegengehalten, dass die Aussteller auf die waffenrechtlichen Einschränkungen hingewiesen worden seien. Außerdem würden die Vorgaben überwacht und durchgesetzt werden. Auf die Strafbarkeit des Zeigens von NS-Gegenständen seien die Aussteller unmissverständlich hingewiesen worden. Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts bestätigte in ihrem Eilbeschluss am vergangenen Freitag nun, dass Krey einen »grundrechtlich verbürgten Anspruch« auf die gewerbe-rechtliche Festsetzung der Ausstellung habe. Das Verbot der »Waffenbörse« sei insgesamt »nicht verhältnismäßig«.
Laut Waffenbehörde im Kreis Gießen: Kein geeignetes Sicherheitskonzept bei Messe
Der Magistrat der Stadt Gießen jedoch sieht keine Anzeichen dafür, dass der Veranstalter sich rechtstreu verhalten wolle und werde - »weder beim gesetzlich sehr streng geregelten Verkauf von Waffen noch beim verbotenen Zeigen von NS-Symbolen und -Orden«. Dies habe bereits in anderen Städten zu heftigen Protesten gegen die Messe geführt. Weder habe der Veranstalter in seinen Mietverträgen mit Ausstellern darauf hingewiesen, dass das bloße Abkleben von NS-Symbolen nicht ausreiche, um derartige Gegenstände ausstellen zu dürfen. Darauf hatte auch das VG hingewiesen. Noch könne man davon ausgehen, teilt die Ordnungsbehörde weiter mit, dass der Verkauf von Waffen nach den Vorgaben des Waffen-Gesetzes vonstatten gehe.
Das Ordnungsamt stützt sich dabei auf eine Einschätzung der Waffenbehörde des Landkreises Gießen, die vermerkt hatte, dass kein geeignetes Sicherheitskonzept vorliege und die Veranstaltung erhebliche Sicherheitsrisiken berge. Dies bestätigt der Landkreis auf Anfrage dieser Zeitung.
Die Ordnungsbehörde teilt mit: »Unser Verbot ist angesichts der Situation angemessen. Denn auch mit entsprechenden Auflagen, wie es das VG verlangt hatte, ist nicht wirkungsvoll zu verhindern, dass es zu Straftatbeständen kommt.« Dies müsse verhindert werden. (khn)