Gießen stellt sich gegen Regionalversammlung

Die neue Gießener Koalition hat bekräftigt, dass in Lützellinden keine neuen Gewerbeflächen mehr ausgewiesen werden. Damit stellt sich Rot-Rot-Grün gegen die Regionalversammlung.
So etwas nennt man wohl ein Wechselbad der Gefühle, das die Lützellindener nun seit dem vergangenen Oktober erleben. Damals schworen die Vorsitzenden der im Stadtparlament vertretenen Parteien bei einer Diskussionsveranstaltung auf dem Bauernhof von Ortsvorsteher Markus Sames hoch und heilig, dass in Lützellinden keine weiteren Gewerbeflächen mehr ausgewiesen werden und die Stadt die Großgewerbefläche und damit auch den Gewerbepark Lützellinden bei der Regionalversammlung Mittelhessen abmelden wird. Dies geschah dann auch durch den Magistrat. Ende April kam dann der Vorschlag der Regionalplaner des Regierungspräsidiums, die knapp 50 Hektar große Lindener Fläche Pfaffenpfad interkommunal von den Städten Gießen und Linden entwickeln zu lassen und verkehrlich über die Lützellindener Gewerbefläche Rechtenbacher Hohl zu erschließen. In Lützellinden regte sich erneut Widerstand, auch weil ein Gewerbegebiet Pfaffenpfad nahe an das neue Wohngebiet Am Sporn heranrücken würde.
18 ha für Industrie und Gewerbe
Vor einigen Tagen nahm das Thema in den Ausschüssen der Regionalversammlung eine weitere Wendung. Auf Antrag der CDU und mit Zustimmung der SPD, die einen eigenen Antrag zurückzog, wurde beschlossen, die Pfaffenpfad-Pläne um etwa 13 bis 15 Hektar zu reduzieren. Stattdessen sollte südwestlich von Lützellinden, in Gegenlage zum Autobahn-Autohof, auf 18 Hektar ein »Vorranggebiet« für Gewerbe und Industrie« ausgewiesen werden. Ein solches Gebiet kann aber nur Realität werden, wenn die Gießener Stadtpolitik mitspielt und vom Stadtparlament ein Bebauungsplan beschlossen wird.
Aber danach sieht es nicht aus. Die neue Stadtkoalition aus Grünen, SPD und Gießener Linke hat dem Ansinnen der Regionalversammlung eine klare Absage erteilt. In einem Antrag wird der Magistrat aufgefordert, eine neuerliche Aufnahme von Vorranggebieten für Industrie und Gewerbe im Raum Lützellinden/Großen-Linden in den neuen Regionalplan zu verhindern. Eine Zerstörung von Ackerflächen durch Überbauung und Versiegelung sei nicht vereinbar mit dem Ziel, Gießen bis 2035 zu einer klimaneutralen Stadt zu machen. Entsprechend habe sich das Stadtparlament bereits Ende 2020 positioniert. Diese Haltung müsse angesichts der neuen Beschlusslage des Regionalparlaments bekräftigt werden, erklären die Fraktionschefs Alexander Wright (Grüne), Christopher Nübel (SPD) und Ali Al-Dailami (GI Linke).
Zu Wort gemeldet zur aktuellen Entwicklung hat sich auch die CDU. In seiner Presseerklärung bekräftigen Partei- und Fraktionschef Klaus Peter Möller, Ortsbeiratsmitglied Carsten Zörb und der designierte OB-Kandidat Frederik Bouffier das Nein der Union zu weiteren Flächenausweisungen bei Lützellinden. Dass die Regionalversammlung die klare Positionierung der Gießener Politik ignoriere, sei bedauerlich. »Wir fordern die Vertreter in der Regionalversammlung dazu auf, die jüngsten Vorschläge nicht weiter zu verfolgen und die Positionierung in Lützellinden und Gießen zur Grundlage der Entscheidungen zu machen«, heißt es in der Erklärung.