„Stillstand bedeutet Rückschritt“: Gießen sorgt für neuen Wohnraum im Stadtteil Allendorf
Das Neubaugebiet im Gießener Stadtteil Allendorf ist ein Beispiel für die wachsende Bedeutung von Konversionsflächen für die Stadtplanung.
Gießen - Vor vielen Jahren gab es auf der etwa 4000 Quadratmeter großen Fläche zwischen Teilgärtenweg und Hüttenbergstraße im Gießener Stadtteil Allendorf eine Gärtnerei mit Geschichte - mit Verkaufshäuschen, Gewächshäusern, kurzum: mit allem Drum und Dran. 1954 war sie eröffnet worden.
Zukünftig wird hier wieder gegärtnert, aber wohl weniger professionell, dafür privat. Denn auf der Fläche im Allendorfer Ortskern entsteht ein Neubaugebiet mit Grundstücken für acht Einfamilienhäuser. Außerdem soll eine Bestandsimmobilie in ein Drei-Parteien-Haus umgebaut werden.
Neubaugebiet: Gießen will anders genutzte Flächen in Wohnraum umwandeln
Dieses Bauvorhaben könnte beispielgebend für weitere Projekte in Gießen sein. Denn für eine Wohnbebauung auf der grünen Wiese, sagt Stadträtin Gerda Weigel-Greilich, gebe es in Gießen aktuell keinen Platz; und dieser wird wohl auch nicht mehr so schnell geschaffen. Die Verwandlung von ehemals anders genutzten Grundstücken in Flächen für den Wohnungs- oder Hausbau bietet jedoch erhebliches Potenzial für die Stadtplanung.

Die Gebäude im alten Ortskern Allendorfs mit einer Wohnfläche von jeweils 180 Quadratmeter werden von der Rechtenbacher Firma Weber errichtet. Die Einfamilienhäuser sind zweigeschossig und verfügen zudem über ein Staffelgeschoss sowie eine Dachterrasse. Die Baukosten, sagt Geschäftsführer Ulrich Weber am Dienstagnachmittag bei einem Pressegespräch, liegen bei acht Millionen Euro.
Begrünte Dächer im Neubaugebiet in Gießen-Allendorf
Entworfen und geplant worden sind die Gebäude vom Architekturbüro Feldmann. Wie Geschäftsführer Felix Feldmann sagt, sei das Projekt in vielfacher Hinsicht interessant. Es gehe zum Beispiel um die Frage, wie Siedlung in Zeiten von knapper werdenden Flächen heute und zukünftig funktionieren kann.
Die Lösung für das ehemalige Gärtnerei-Gelände: Auf den »kompakten Grundstücken« mit einer Größe von 250 bis 375 Quadratmetern entstehen recht hohe Häuser mit begrünten Dächern. Angeschlossen werden die Gebäude an die Fernwärme. Aus Gründen des Hochwasserschutzes wird die für die Wohneinheiten vorgesehene Fläche angehoben, der in der Straße Im Kleefeld gelegene Parkplatz für Fahrzeuge und Fahrräder als Retentionsraum tiefergelegt.
Sorge vor zu vielen Neubürgern in Gießen-Allendorf
Das Neubaugebiet schließt direkt an das 2021 fertiggestellte Bauprojekt von 42 barrierefreien Wohnungen an. Mit Blick auf die von einigen Anwohnern kritisierte Entwicklung jenes Geländes sagt Ortsvorsteher Thomas Euler: »Stillstand bedeutet Rückschritt.« Der Ortsbeirat habe wiederholt betont, dass eine innerörtliche Verdichtung einem weiteren Neubaugebiet auf der grünen Wiese vorzuziehen sei.
Damit verweist er auf den Flächennutzungsplan, der eine mögliche Fläche für Wohnbebauung angrenzend an das zuletzt entwickelte Allendorfer Neubaugebiet »Ehrsamer Weg« vorsieht. Realistisch ist die Umsetzung aktuell nicht, politisch im Stadtteil auch nicht gewollt. Die Sorge des Ortsbeirats: Die Integration einer weiteren großen Anzahl von Neubürgern sei nicht zu stemmen.
Ortsbeirat kritisiert Verkehrsanbindung: Mehr Verkehr auf Schulweg in Gießener Neubaugebiet
Der Baustellenverkehr soll über die Straße Im Kleefeld geleitet werden. Offen ist die Frage, ob der Teilgärtenweg, an dem das Areal liegt und über den zukünftig der Verkehr abgewickelt werden soll, vorübergehend gesperrt wird. Denn dort entlang führt der offizielle Schulweg zur Kleebachschule. Und genau wegen dieser Frage hat der Ortsbeirat wiederholt seine Bedenken geäußert.
Euler verweist auch im Pressegespräch darauf, dass entlang des Schulwegs zukünftig mehr Verkehr erwartet wird. Stattdessen sei eine Anbindung des Areals über den Bereich Aubach/Im Kleefeld sinnvoller - auch mit Blick auf die Tatsache, dass darüber auch der Baustellenverkehr geleitet werden soll. Wann die Bagger rollen, steht noch nicht genau fest; Weber kündigt aber an, bald mit der Vermarktung zu beginnen. (Kays Al-Khanak)