Keine „Lärmblitzer“ in Gießen: Stattdessen Nadelstich-Strategie gegen Auto-Poser
Gießen will gegen die Auto-Poser-Szene vorgehen. Die Frage ist nur, wie? Ein Ansatz ist eine Nadelstich-Strategie.
Gießen – Die Stadt sieht derzeit keine Möglichkeit, der Szene der sogenannten Auto-Poser mit ständiger Überwachung beizukommen. Dafür sei der personelle und technische Aufwand zu hoch, erklärte am Dienstagabend (1. November) im parlamentarischen Verkehrsausschuss Bürgermeister Alexander Wright (Grüne). Allerdings könnten Polizei, Ordnungspolizei und TÜV mit gezielten Kontrollen auch Wirkung erzielen und die PS-Protzer beeindrucken.
»Wenn da drei, vier Wagen stillgelegt werden, spricht sich das schnell rum«, sagte Wright mit Hinweis auf Kontrollen, bei denen illegale Anbauten an Pkw entdeckt worden waren. So könne man der Szene zeigen, dass die Ordnungsbehörden in Gießen präsent sind, sagte Wright. Er verspricht sich von solchen Nadelstichen offenbar eine abschreckende bzw. verdrängende Wirkung auf die Szene.

Lärmblitzer in Gießen gefordert: Rechtliche Grundlage fehlt
Anlass für die Diskussion war ein CDU-Antrag, in dem gefordert wird, dass die Stadt regelmäßige Lärmmessungen zwischen 21 und sechs Uhr morgens nicht nur am Anlagenring veranlasst, sondern auch an den großen Ausfallstraßen Marburger Straße, Frankfurter Straße, Schiffenberger Weg, Licher und Grünberger Straße, Bahnhofstraße, Rodheimer und Krofdorfer Straße. Diese Messungen sollten über einen Zeitraum von drei Monaten durchgeführt werden. Parallel soll die Stadt die Anschaffung von »Lärmblitzern« prüfen, die nach Geräuschpegel auslösen. Die Technologie gebe es, sagte CDU-Parteichef Frederik Bouffier im Ausschuss.
Wright indes wies daraufhin, dass solche Geräte in einigen Ländern in der Erprobung seien, nicht jedoch in Deutschland, wo zudem die rechtlichen Grundlagen für den Einsatz von »Lärmblitzern« nicht gegeben seien. Der Nachweis, dass ein Auto zu laut sei, müsse mit einer technischen Drehzahl-Messung direkt am Fahrzeug nachgewiesen werden. So einfach wie bei Geschwindigkeitsmessungen funktioniere das nicht, sagte Wright.
Antrag abgelehnt: Vorerst keine Lärmblitzer in Gießen
Als Beispiel für den hohen technischen und personellen Aufwand nannte der Verkehrsdezernent mehrere nächtliche Kontrollen in der Ludwigstraße vor einigen Monaten in der Folge des tödlichen Fußgängerunfalls. Bei derartigen Kontrollen könne man sich aber nicht nur auf einen Aspekt wie den Lärmschutz konzentrieren, sondern müsse alle festgestellten oder vermuteten Verkehrsverstöße vom Radfahren ohne Licht über das Überfahren roter Ampeln bis zu Geschwindigkeitsübertretungen oder dem Verdacht auf illegales Tuning verfolgen, erklärte Wright.
Letztlich führten die Erläuterungen des Bürgermeisters dazu, dass der von der FDP ergänzte CDU-Antrag von der grün-rot-roten Koalition abgelehnt wurde. Weder seien die Stadt und die Polizei beim Thema Auto-Poser tatenlos, noch seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen gegeben, um Lärmblitzer einzusetzen, begründete Jana Widdig (Grüne) die Ablehnung. Dass gegen die PS-Protzerei aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Lärmschutzes vorgegangen werden müsse, sei unstrittig, sagte Widdig. (mö)