Mietbelastung auffallend hoch: »Gießen ist für viele zu teuer«
Menschen im Gießener Land müssen überdurchschnittlich viel von ihrem Nettoeinkommen für Miete aufbringen. Die Armut wird so immer größer.
Gießen – Im Unterkapitel »Einkommen und Wohnen« des Armutsberichtes des Landkreises Gießen, der auch die Stadt Gießen einschließt, lassen sich Erkenntnisse über die Sozialsituation der Bewohner gewinnen. Dort werden die Daten der Brutto-Einkommensverteilung mit den Mietpreisen zusammengebracht und es gibt eine Einschätzung, wie hoch die Mietbelastung der Einwohner ist. Laut einer Pressemitteilung des Mietervereins ist diese auffallend hoch.
Die Armutsquote liegt in Gießen bei 14,1 Prozent. Es betrifft also jeden siebten Bürger. »Wenn aktuell allein bei der Wohnbau 2700 Interessenten auf der Warteliste für eine Sozialwohnung stehen, zeigt das eindringlich, dass bezahlbares Wohnen eine Top-Thema der Kommunalpolitik bleiben und die Stadt ihre Anstrengungen erheblich verstärken muss«, heißt es in dem Papier des Mietervereins.

Gießen: Mehr als ein Drittel des Nettoeinkommens für Miete
Nach einem von der EU gesetzten Standard liegt die Armutsgrenze bei 60 Prozent des mittleren bedarfsgewichteten Einkommens der Bevölkerung in Privathaushalten. In Deutschland waren das im Jahr 2020 für einen Einpersonenhaushalt 1126 Euro/Monat. In Gießen bezogen 14,1 Prozent der Bürger Transferleistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II, SGB XII Kapitel 3 und 4) sowie Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbL G). Sie gelten als arm. Hinzu kommen noch zahlreiche armutsgefährdete Menschen mit prekären Einkommen knapp oberhalb der Armutsgrenze.
Fasst man die Ergebnisse des Armutsberichtes für die Stadt Gießen mit Blick auf das Wohnen zusammen, so ist festzustellen, das die Mieter in Abhängigkeit von der Wohnfläche und der Ausstattungsqualität der Wohnung häufig deutlich mehr als ein Drittel ihres Nettoeinkommens für die Wohnkosten aufbringen müssen. Hinzu kommen noch die Stromkosten und manchmal die Kosten für einen Pkw-Stellplatz.
Gießen: „Mietbelastungsquoten nicht tragbar“
»Nach der Untersuchung reicht die Spanne der Miethöhe in Gießen von 8,24 Euro/qm bis 9,95 Euro/qm (Kaltmiete). Gießen ist für Singles mit einem Bruttoeinkommen von 2500 Euro/Monat und für 4-Personenhaushalte mit einem Nettoeinkommen von 2400 Euro/Monat kein Wohnort, den sie sich leisten können, weil für sie Mietbelastungsquoten von über 40 Prozent entstehen, die nicht tragbar sind«, sagt der Pressesprecher des Mietervereins, Stefan Kaisers.
Hinsichtlich der Wohnfläche greife der Armutsbericht auf die Ergebnisse des Mikrozensus aus dem Jahr 2018 zurück. Die Mietpreisbelastungsquoten für Geringverdienende mit 1500 Euro brutto liegen in Gießen sowie allen Kreis-Kommunen bei über 40 Prozent, auch wenn es sich um Wohnungen mit einfacher Ausstattung handelt. (pm)