Lautes Knallen in Gießen: Was wirklich dahinter steckt

Zwar bewegt sich das Geräusch im Rahmen der zulässigen Lautstärke, dennoch sind Anwohner weit über die Stadt Gießen hinaus genervt. Ein regelmäßiges Knallen beschäftigt die Menschen.
Gießen – Die Rammarbeiten am neuen VGP-Park auf der Fläche des früheren AAFES-Areals im ehemaligen US-Depot dauern länger als zunächst angekündigt. Das bestätigte Dirk Wingender, Pressesprecher des Landkreises Gießen, auf Anfrage dieser Zeitung. »Nach Rücksprache mit dem Bauunternehmen werden die Rammarbeiten nach heutigem Stand in der 18. Kalenderwoche beendet sein«, sagte Wingender. Die 18. Kalenderwoche des Jahres 2022 endet am 8. Mai.
Zunächst war vonseiten des Bauherren in Aussicht gestellt worden, dass die lauten Rammarbeiten, die weit über die Stadtgrenzen Gießens hinaus zu hören sind, vor Ostern (14. April) beendet sein sollen. »Aufgrund von coronabedingten Ausfällen war teilweise nur eine der beiden Rammen im Einsatz, sodass die Arbeiten etwas hinter dem Zeitplan liegen«, erklärte Wingender.
Das laute, sich ständig wiederholende »Bamm, ba-bamm, ba-bamm« hatte bereits vor Wochen zu Beschwerden von Bewohnern aus der Stadt, aus Rödgen, Wieseck, Alten-Buseck, Großen-Buseck und Trohe gesorgt und ist bisweilen sogar bis nach Wettenberg-Wißmar zu hören.
Regelmäßiges Knallen in Gießen: Messwerte nicht überschritten
Der Landkreis ist als Bauaufsichtsbehörde auch zuständige Bau-Immissionsschutzbehörde und hatte sich des Themas schon im Februar angenommen sowie Schallmessungen durchgeführt. Dabei waren keine Überschreitungen der Richtwerte festgestellt worden. Auch der Bauherr, VGP Industriebau, hatte Schallschutz- und Erschütterungsmessungen beauftragt. Die Messberichte zeigten, dass die Werte für den Erschütterungsschutz eingehalten werden, die Lärmmessungen waren damals aber unzureichend und mussten ergänzt werden. Dies ist mittlerweile längst geschehen. »Nachdem diese weiteren von der Bauaufsicht beauftragte Messungen durch ein schalltechnisches Büro im Februar keine Überschreitung der maßgeblichen Richtwerte gezeigt haben, sind von uns keine weiteren Maßnahmen ergriffen worden«, berichtete Wingender.
Auf dem ehemaligen AAFES- Gelände wird derzeit das Logistikzentrum VGP-Park errichtet. Der dreigeteilte Hallenkomplex wird in Zukunft von Zalando, Rhenus und UPS genutzt. Eine der Hallen ist die ca. 46000 Quadratmeter große Halle B im östlichen Teil des Geländes, die von Rhenus und UPS bezogen wird. Aufgrund der Topographie musste dort das Gelände begradigt werden. Im Süden wurde das Baufeld um ca. zwei Meter abgetragen und in Nord/Nordwest um etwa drei Meter angehoben. Im Auftragsbereich wie auch im Abtragbereich wurde der Boden durch das Einfräsen von Kalk und Zement zunächst für eine spätere konventionelle Flachgründung aufbereitet.
Knallen in Gießen: Pfahlgründung nicht vorgesehen
»Erst im Zuge der Erstellung der Hochbaustatik stellte sich heraus, dass eine konventionelle Flachgründung auf den aufbereiteten Boden in Kombination mit den Stützenlasten zu unverträglich hohen Setzungsdifferenzen führen würde«, schreibt die Aarsleff Grundbau GmbH, die von VGP beauftragt wurde, in Abstimmung mit dem Hochbaustatiker eine kurzfristige Umplanung auf Pfählen vorzunehmen. Ziel sei es gewesen, die aus den Stützen ankommenden Lasten über Pfähle in die ab ca. sechs bis neun Meter Tiefe anstehenden bindigen steifen bis halbfesten Bodenschichten abzutragen. Dabei sollten die Fundamentabmessungen auf ein Minimum reduziert werden.
Für die Gründung der 160 auf 288 Meter großen Halle B werden derzeit etwa 1300 Stahlbetonfertigpfähle in Einzellängen zwischen 14 und 19 Meter durch zwei Rammgeräte eingebaut. Für die beiden miteinander durch Brückenbauten verbundenen Hallen, die Zalando nutzen wird, sind keine Rammarbeiten erforderlich. Dort erfolgt die Gründung durch Bohrpfähle. (Marc Schäfer)