1. Gießener Allgemeine
  2. Gießen

Gießen: Das neue Selterstor ohne Elefantenklo?

Erstellt:

Von: Marc Schäfer

Kommentare

Kult- und Diskussionsobjekt: Das Elefantenklo.
Kult- und Diskussionsobjekt: das Elefantenklo in Gießen. Hat es eine Zukunft? (Archiv) © Oliver Schepp

Das Elefantenklo steht vor einer ungewissen Zukunft. Eine Projektgruppe sieht die Notwendigkeit nicht mehr. Und auch der Bürgermeister stellt es zur Diskussion.

Gießen - Photovoltaik auf dem Dach der Galeria-Immobilie, Fernwärme im Boden, begrünte Fassaden, Stände für einen Bauernmarkt, eine Nachbildung des alten Zollhäuschens als Infrastruktur für eine kleine Gastronomie oder eine Bühne, eine Infrastruktur für Fahrräder mit Abstellflächen, Verleih- und Servicestationen. Und an das Elefantenklo erinnert nur noch ein kleiner sechseckiger Brunnen in Anlehnung an die drei großen namensgebenden »Löcher« der Fußgängerüberführung.

Für das »neue« Selterstor als Portal zur Innenstadt haben Heinz-Jörg Ebert, Darré-Chef und Vorsitzender des BID Seltersweg, und seine Mitstreiter eine Vision. Entstanden ist sie bei einem Positionierungsworkshop in Kassel, an dem unter anderem Vertreter aus der Gießener Politik und dem städtischen Einzelhandel, aber auch Impulsgeber aus anderen Bereichen mitgewirkt haben. Vereint hat sie das Ziel für die unansehnliche und schon lange »brachliegende« Freifläche zwischen Galeria und Anlagenring eine neue Idee zu entwickeln und damit Anziehungskraft und Aufenthaltsqualität an dieser Stelle der Fußgängerzone zu erhöhen.

Gießen: Wie verändert sich Areal am Selterstor? Bleibt Elefantenklo bestehen?

Kritiker halten Eberts Vorstellung von einem belebten Platz mit den unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten für etwas zu visionär, zumal die Fläche zum Warenhaus und damit dem Immobilien-Konsortium Highstreet Holding gehört und somit nicht im städtischen Zugriff liegt. »Eine Vision oder dieses Zukunftsbild beschreibt ja »nur« eine Idee. Mit jedem kleinen Schritt, mit jeder kleinen Umsetzung, mit der man einer Idee näher kommt, ist doch schon mehr erreicht, als mit Stillstand oder Rückschritt«, sagt Ebert. Ziel des Konzeptes, in das auch die Umgestaltung der Immobilie Seltersweg 83-85 in eine multifunktionale Nutzung aus Wohnen, Praxen, Kita mit Familienzentrum und Nahversorgung eingebettet ist, sei es gewesen, Ideen und Vorschläge zu entwickeln, »die vielleicht auch dem Eigentümer Freude machen und Perspektiven aufzeichnen«. In Lothar Schmidt, dem Galeria-Geschäftsführer Gießen, war immerhin auch der Nutzer der Immobilie dabei. »Wir hatten Kenner der Situation im Boot, die einen sehr realistischen und gleichzeitig visionären Blick darauf haben, Dinge zukunftssicher, belebter und beliebter zu gestalten«, betonte Ebert. Dies könne auch einem Eigentümer begeistern, dem Frequenz an einer derzeitigen Brachfläche sicherlich ein Anliegen sei.

Zukunft des Elefantenklos in Gießen? „Spätestens wenn die nächste große Sanierung ansteht, müssen wir...“

selterstor_261022_4c_1
Wenn es nach den Wünschen der Projektgruppe geht, könnte es am Selterstor in Zukunft so ähnlich ausschauen. An das E-Klo erinnert in dieser Illustration nur noch ein sechseckiger Brunnen. © Red

Auffällig am »Zukunftsbild« ist, dass das Elefantenklo dabei keine Rolle mehr spielt. »Der eckige Brunnen in Form eines E-Klo-Lochs ist doch eine herrliche Reminiszenz«, sagt Ebert, der schon viele Jahre keinen Hehl daraus macht, dass betonbrutale Bauwerk vor seinem Laden am liebsten abreißen zu lassen. »Ich bin am Selterstor mit dem Blumenkreisel vor meinem Kinderzimmerfenster aufgewachsen. Mir braucht keiner was von Ästhetik und Bausünde zu erzählen. Aber losgelöst davon: Das Bauwerk hat seit Bestehen schon mehrere Millionen Instandhaltung und Reparaturkosten verschlungen. Der Beton bröckelt und fällt auf die Fahrbahn. Rolltreppen und Aufzug stehen mehr als dass sie fahren. In Sachen Barrierefreiheit ist das Bauwerk eine Katastrophe. Und was die Verkehrsführung auf einer Ebene betrifft: am viel stärker befahrenen Oswaldsgarten oder am Berliner Platz klappt es doch auch«, zählt Ebert seine Gründe für den Abriss auf. Auch die Stadt scheint dem nicht abgeneigt zu sein. »Spätestens wenn die nächste große Sanierung ansteht, müssen wir uns die Frage stellen, ob wir eine solche Barriere wirklich erhalten wollen«, sagt Bürgermeister Alexander Wright.

Letztlich könnte eine Umgestaltung des Platzes auch ein wesentlicher Bestandteil des Verkehrsversuchs mit Fahrradspuren auf dem Anlagenring im nächsten Jahr sein. Solche begleitende infrastrukturelle Veränderungen und Angebote an der neuen Strecke würden sicherlich mehr Menschen dazu animieren, tatsächlich auf das Rad umzusteigen. (mac)

Auch interessant

Kommentare