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Christopher Street Day (CSD) in Gießen kehrt zurück: Dieses Jahr keine Parade, sondern ein Aufschrei

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Von: Sebastian Schmidt

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CSD in Gießen: Dieses Jahr keine Parade, sondern ein Aufschrei

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Zum elften Mal findet der CSD Mittelhessen statt, dieses Jahr wieder in Gießen. Neben einem Straßenfest mit Bühnenprogramm und einer Party steht eine Demonstration im Mittelpunkt des Protesttages. © Oliver Schepp

Den Umzug vom CSD nutzen die Veranstalter dieses Jahr in Gießen, um aufmerksam zu machen, dass es immer noch zu Übergriffen kommt.

Gießen – Nach zwei Pandemiejahren kehrt der Christopher-Street-Day am 25. Juni nach Gießen zurück. Mit Straßenfest, Demonstration und Party bis tief in die Nacht wollen die Veranstalter einen „Aufschrei“ auslösen. Der gilt den Rechten von Lesben und Schwulen, genauso wie Bi-, Trans*-, Inter- und queeren Personen.

Als am Samstagmorgen (18. Juni) gegen 1.20 Uhr schon wieder eine Polizeirazzia Homo- und Transsexuelle schikaniert, explodiert ein Pulverfass, das bereits seit Monaten am Schwelen ist. Diesmal lassen sich die Betroffenen in der „Stonewall Inn“-Bar den Übergriff der Polizisten nicht mehr bieten und schlagen zurück – mit Erfolg.

Kampf für die Rechte von Homosexuellen: CSD in Gießen

Was 1969 in den frühen Morgenstunden in der Christopher Street in New York seinen Ausgang nimmt, endet in mehrtägigen Straßenschlachten und gilt als Wendepunkt im Kampf für die Rechte von Homosexuellen. Straßenschlachten haben Tobias Müller vom Verein Margays und Christian Eng vom Verein CSD Lahn nicht geplant, trotzdem wird es auf dem nunmehr elften Christopher-Street-Day (CSD) Mittelhessen am 25. Juni in Gießen auch um einen Kampf gehen. Den Kampf um die Rechte von Lesben und Schwulen, von Bi-, Trans*-, Inter- und queeren Personen.

„Wir müssen aktuell nicht damit rechnen, vom Staat verfolgt zu werden“, sagt Müller. Trotzdem gebe es genügend Missstände, gegen die auch heute noch in Deutschland gekämpft werden müsse - Missstände, gegen die „LGBT*IQA+“-Personen in ihrem Alltag kämpfen. Das fange damit an, dass man nach wie vor auf der Straße schräg angesehen werde, gehe über zu Beschimpfungen und ende bei handgreiflichen Übergriffen.

Beschimpfungen und Übergriffe: CSD in Gießen war schon öfters unruhig

Das haben auch Teilnehmer des CSD in Gießen 2017 zu spüren bekommen. Damals wurde auf der Demonstration zuerst eine Ordnerin begrabscht und sexistisch beleidigt, am Abend auf der CSD-Party kam es dann, vermutlich durch die gleichen Täter, zu einem schwulenfeindlichen Angriff.

Die Veranstalter des CSD geben sich aber kämpferisch. „Wir werden demonstrieren und uns nicht zur Schau stellen“, sagt Müller. Er rechnet mit bis zu 5000 Teilnehmern auf der um 12 Uhr am Hauptbahnhof startenden Demonstration. Dann wollen sie für eine Gesellschaft laut werden, „in der alle Menschen ihre sexuelle und geschlechtliche Identität finden und ausleben können“.

Zwei CSDs in Mittelhessen: Gießen und Marburg veranstalten Demonstrationen

Bereits um 11 Uhr startet das Straßenfest des CSD, auf dem es neben zahlreichen kulinarischen Angeboten auch Info-Stände von lokalen und regionalen Beratungsstellen geben wird. So werden aus Gießen zum Beispiel die Aidshilfe, AStA-Referate oder pro Familia vertreten sein. Es wird aber auch Stände von der Online-Community Transklar oder vom Dildo-Hersteller Neotori aus Fronhausen (Landkreis Marburg-Biedenkopf) geben.

In Marburg wird übrigens dieses Jahr ebenfalls ein CSD stattfinden. Das ist dahingehend ungewöhnlich, dass der CSD Mittelhessen eigentlich immer zwischen Gießen, Marburg und Wetzlar wandert, dabei zwei Jahre in einer Stadt bleibt. Und in Marburg fand der Corona-CSD die vergangenen beiden Jahre statt. „Aber wegen Marburg-800 gibt es auch dieses Jahr dort einen CSD“, sagt Müller. Mit der Veranstaltung in Gießen werde sich das aber nicht überlappen, der Marburger CSD finde erst Ende Juli statt.

Neben Demonstration: Nach CSD in Gießen wird gefeiert

Auf dem Straßenfest in Gießen wird es auch ein Bühnenprogramm geben. Müller sagt: „Das Highlight wird zwischen 18 und 20 Uhr zu sehen sein. Viele Drags und auch andere Künstler werden zusammen eine Show veranstalten.“ Eine Neuerung dieses Jahr, durchaus Corona geschuldet, ist, dass alles größer sein wird. Müller sagt: „Wir haben am Messeplatz Ringallee mehr Platz, mehr Stände, eine größere Bühne.“ Deswegen könne zum ersten Mal, seit der CSD in Gießen stattfinde, auch die CSD-Party am gleichen Ort wie das Straßenfest steigen. Von 20 bis 3 Uhr gibt es Musik, es wird gefeiert und getanzt.

Die Bedeutung dieses Protesttages, des Christopher-Street-Days, ist für die beiden „LGBT*IQA+“-Aktivisten herausragend. Weil der CSD sichtbar mache, was ansonsten in der Gesellschaft einfach untergehen würde. Eng sagt weiter: „Und weil ich auch heute noch überlegen muss, wo in der Öffentlichkeit ich meinen Freund küssen kann.“ (Sebastian Schmidt)

Mehr Informationen stehen im Internet auf der Webseite csdmittelhessen.de.

Weitere Nachrichten aus Gießen: In einem Interview beantwortet der ärztliche Direktor einer Klinik in Gießen, wie sie einer möglichen Corona-Welle im Sommer entgegenwirken und die Lage einschätzen.

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