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Gewerkschafter rufen zum Ersten Mai in Gießen auf: »Solidarität braucht Nähe«

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Von: Sebastian Schmidt

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Gewerkschafter werben für Veranstaltungen rund um den Tag der Arbeit: Während der DGB am 1. Mai eine Demonstration und ein Familienfest in Gießen veranstaltet, organisiert die DGB-Jugend am Vorabend, also dem 30. April, eine Party am Bahnhof Lollar. © Oliver Schepp

Nach den vergangenen zwei Pandemie-Jahren wird es dieses Jahr nach der Demonstration wieder ein richtiges Maifest am Tag der Arbeit in Gießen geben.

Wenn man eine bestimmte Kritik an den jährlichen Veranstaltungen des Deutschen Gewerkschaftbunds (DGB) zum 1. Mai, dem Internationalen Kampftag der Arbeiterklasse, zusammenfassen möchte, könnte man sie so formulieren: Wenig Protest und viel Bratwurst. Denn neben einer Demonstration macht in der Regel eine Familienfeier den größeren Teil der Veranstaltung aus. Zwei Jahre konnte die nun wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden, dieses Jahr wird es in Gießen aber wieder ein Maifest geben. Der Protest soll bei zahlreichen Kundgebungen unter dem Motto »Zukunft gemeinsam gestalten« jedoch nicht zu kurz kommen.

Erster Mai in Gießen: Ein Tag mit »großer kultureller Bedeutung«

»Der Tag hat eine große kulturelle Bedeutung für uns als Gewerkschafter«, sagt DGB-Gewerkschaftssekretär Robin Mastronardi. Denn zum einen habe der 1. Mai eine große Außenwirkung, und Arbeitnehmer können ihre Forderungen medienwirksam präsentieren. Zum anderen wirke der Tag der Arbeit aber auch nach Innen. Auf dem Maifest können sich die Besucher über Probleme in ihren Betrieben austauschen und miteinander ins Gespräch kommen, und das sei sehr wichtig. Mastronardi sagt: »Solidarität braucht Nähe.«

Erster Mai in Gießen: Bundesregierung soll Belastungen abfedern

Mit Solidarität wollen die Gewerkschafter auch ihre Forderungen durchsetzen. Die betreffen zum Beispiel die Inflation und steigende Energiepreise. Klaus Zecher, der DGB-Kreisvorsitzende des Landkreis Gießen, sagt: »Kurzfristig muss die Belastung der Arbeitnehmer von der Bundesregierung abgefedert werden.« Langfristig müsse mit den Arbeitgebern aber über höhere Löhne verhandelt werden.

Erster Mai in Gießen: Kampf für mehr Betriebsräte

Und dabei müsse jedem Arbeitnehmer klar sein: »Ein Betriebsrat ist immer stärker als ein einzelner Angestellter«, sagt Zecher. Die Lage scheint jedoch teilweise prekär. Mastronardi sagt: »In Hessen haben nur 46 Prozent der Beschäftigten einen Betriebsrat.« Und sogar nur in elf Prozent aller Betriebe, in denen es möglich wäre, gebe es dieses Organ der Mitbestimmung.

Die Gewerkschafter wollen am 1. Mai aber nicht nur für mehr Betriebsräte streiten, sondern fordern auch, dass bestehende Kompetenzen ausgeweitet werden. So sagt Mastronardi: »Wir wollen einen digitalen Zugang zu den Betrieben haben.« Gerade in der Corona-Pandemie, als viele Angestellten im Home-Office waren, habe sich gezeigt, dass das nötig sei, um die Menschen zu erreichen.

Desiree Becker, die Jugendbildungsreferentin des DGB, erklärt, dass sich die DGB-Jugend am Tag der Arbeit mit dem Krieg in der Ukraine und der Unterfinanzierung der Hochschulen auseinandersetzen wird. Ein Thema, das die Gewerkschafter ebenfalls zur Sprache bringen wollen, sei die Auswirkung der Inflation auf junge Menschen. Becker sagt: »Die Mietpreise steigen immer weiter, aber das BAföG wird nicht angepasst.«

Erster Mai in Gießen: DGB-Jugend mit Vorabendveranstaltung

Die DGB-Jugend veranstaltet am Vorabend des Tags der Arbeit, also am 30. April, einen »Tanz in den Mai!«. Los geht es um 18 Uhr am Bahnhof Lollar. Es wird gegrillt, Livemusik gespielt und Transparente für den kommenden Tag gemalt.

Am 1. Mai beginnt die DGB-Veranstaltung dann um 10.30 Uhr auf dem Kirchenplatz in Gießen mit einer Auftaktrede. Anschließend wird demonstriert und es werden mehrere Kundgebungen abgehalten. Um 12 Uhr findet dann wieder eine Kundgebung auf dem Kirchenplatz statt, bevor das Familienfest beginnt.

Geschichte des Ersten Mai

Der Erste Mai als Kampftag der Arbeiterbewegung wurde 1889 von der Zweiten Internationalen ausgerufen. Dieser Zusammenschluss sozialistischer und sozialdemokratischer Organisationen wollte so den Opfern des »Haymarket Riot« gedenken. Ausgangspunkt der Unruhen war ein Generalstreik im Mai 1886, der den Achtstundenarbeitstag in Nordamerika durchsetzen sollte. Nachdem Polizisten dabei eine Demonstration angegriffen hatten, kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit mehreren Toten.

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