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Geschenkte Lebenszeit

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Von: Barbara Czernek

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Ute Opper, Vorsitzende des Vereins »transplantiert«, vor ihrem Porträt. © Barbara Czernek

Gießen (bac). 66 Menschen haben 2021 nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe gespendet. Die Zahl der nach dem Tod entnommenen Organe stieg von 194 auf 213. Insgesamt gesehen ist die Bereitschaft der Organspende nach dem Tod sehr gering. So zählte die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) 2021 bundesweit nur 11,2 Spender pro Million Einwohner.

Das sind die Fakten.

Die Thematik der Organspende ist hoch emotional besetzt, denn hinter jeder Zahl steht ein Menschenleben, das dadurch weiterleben kann. Jedoch lieg der Fokus meist nur auf dem Spender. Was jedoch eine solche Diagnose mit den Menschen, die ein neues Organ erhalten, macht, bleibt in den Diskussionen oftmals unberücksichtigt.

Bis 25. Juni zu sehen

Wie es sich anfühlt, wenn man ein neues Organ erhält, das zeigt die Wanderausstellung »WIEDERLEBEN« im Hauptgebäude des Uniklinikums. Dort hängen im Erdgeschoß zurzeit elf große Porträtfotos. Die dargestellten Personen leben alle seit Jahren mit einem fremden Organ, ansonsten wären sie schon längst gestorben. Doch sie strahlen große Zuversicht aus. Sie erzählen von dem Glück, Lebenszeit geschenkt bekommen zu haben. Genau das ist das Ziel dieser Ausstellung, die der Verein »transplantiert« initiiert hat und die noch bis zum 25. Juni zu sehen ist.

»Kunst animiert zum Nachdenken und genau das bewirkt diese Ausstellung auf wunderbare Weise«, sagte Prof. Andreas Böning, Ärztlicher Direktor am UKGM, bei der Ausstellungseröffnung. »Bei einer Organtransplantation schaut man immer nur auf den Vorgang, nicht aber auf das, was danach kommt: eine stetige Nachbetreuung der Patienten.« Wichtig sei nur, dass man sich mit dem Thema auseinandersetzt. Und das wird durch diese Ausstellung in positiver Weise getan«, erläuterte er. Auch Gießen gehört zu den Transplantationszentren, daher fügt sich die Ausstellung gut in das Gesamtkonzept. Neben dem Kinderherzzentrum, das zu den bedeutendsten in Europa gehört, werden im UKGM Lunge und Leber transplantiert.

Auf die Notwendigkeit derAuseinandersetzung mit dem Thema wies auch Ana Paula Barreiros, Geschäftsführende Ärztin der Deutschen Stiftung Organtransplantation Region Mitte, hin. »Der Gedanke, dass der Spender ein oder mehrere Leben retten kann«, komme in der Diskussion leider zu kurz.

»Mir sagte mein Arzt, dass ich ein neues Herz bis Weihnachten bräuchte, sonst wäre es aus. Ich wusste, dass es kommen wird. Und es kam«, erzählt Ute Opper. Seit 1993 lebt sie mit ihrem neuen Herzen, ist aktiv, sprudelt nur so vor Lebensfreude und hat 1998 den Vereins »transplantiert« gegründet. »Die Ärzte können dir nur den technischen Vorgang der Transplantation erklären, nicht aber, wie es sich anfühlt, mit einem anderen Organ zu leben«, sagte Opper. »Wir wollen den Blick hin zu denjenigen lenken, die ein Organ bekamen und damit ein neues Leben, eine zweite Chance erhalten haben«, erläutert sie.

Der Ausstellungstitel entstand bei der Durchsicht der Gesprächsunterlagen: Jeder der Befragten sagte, dass er jetzt wieder leben könne. Der Berliner Fotograf Max Threlfall erwies sich als Glücksfall für das Projekt. Seine Bilder machen neugierig auf die Geschichte hinter den Bildern und diese wird auf kleinen Tafeln neben den Fotos erzählt. Wer den QR-Code scannt, kann noch weitere Informationen in Form von kleinen Videos erhalten. Sie sind auch im Internet abrufbar unter: wiederleben-ausstellung.de

Für die Aufbereitung des Themas erhielt der Verein den Organspendepreis 2021 der Stiftung Leben. Aktuell arbeiten Verein und Fotograf am zweiten Teil der Ausstellung, die 2023 veröffentlicht wird.

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