Mega-Projekt in Gießen: Noch 2022 soll es losgehen

Das künftige Domizil der Gießener Feuerwehr nimmt immer konkretere Formen an. Nun gab es Einblicke in das neue Gefahrenabwehrzentrum im ehemaligen US-Depot.
Gießen - Kabel in allen erdenklichen Farben hängen von den Decken. Die Betonwände sind unverputzt, Böden und Treppen behelfsmäßig aus Holz zusammengezimmert. Die Stadtverordneten, die am Mittwochabend (06.04.2022) auf Einladung von Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher das im Entstehen befindliche Gefahrenabwehrzentrum am Stolzenmorgen besichtigt haben, brauchten eine Menge Phantasie, um sich hier den künftigen Alltag der Gießener Einsatzkräfte vorzustellen.
Den Vertretern der Feuerwehr und des Hochbauamts dürfte es anders ergangen sein. Sie wissen, dass mit der Fertigstellung des Rohbaus und der Installation der Technik die größten Brocken bereits aus dem Weg geräumt worden sind. »Wir haben die Ziellinie im Blick«, betonte Sebastian Bravetti, Abteilungsleiter beim städtischen Hochbauamt. Wenn alles nach Plan verläuft, soll der Stützpunkt in Gießen im Spätherbst in Betrieb genommen werden.
Gießen: Neues Gefahrenabwehrzentrum kostet fast 36 Millionen Euro
Das neue Gefahrenabwehrzentrum in Gießen ist ein Projekt gigantischen Ausmaßes. Auf einer Grundstücksfläche von 23 000 Quadratmetern und einer Bruttogeschossfläche von 10 800 Quadratmetern sollen unter anderem die Berufsfeuerwehr und das Amt für Brand- und Bevölkerungsschutz der Stadt Gießen sowie der Fachdienst Gefahrenabwehr des Landkreises mit der Einsatzleitzentrale des Katastrophenschutzes einziehen. Die Kosten belaufen sich Stand jetzt auf 35,9 Millionen Euro, 54 Prozent übernimmt die Stadt, den Rest der Kreis.
Rund 20 Stadtverordnete waren der Einladung von Becher gefolgt und ließen sich von Bravetti sowie der Leiterin der Feuerwehr Gießen, Martina Klee, und ihrem Stellvertreter Frank Mathes durch den Rohbau führen. Die erste Station war zugleich auch eine der imposantesten: Die über 100 Meter lange Fahrzeughalle mit insgesamt 21 Ausfahrten und Verbindungen zu mehreren Versorgungsräumen ist neben der Leitstelle so etwas wie das Herzstück des Gebäudes. »In der vorhandenen Feuerwehrwache in der Steinstraße sind die Stellplätze auf drei Gebäude verteilt, hier haben wir alles an einem zentralen Ort«, sagte Mathes und hob unter anderem Wasser- und Druckluftanschlüsse sowie eine moderne Absauganlage hervor, mit der die Fahrzeuge von Ruß befreit werden können.
Neues Gefahrenabwehrzentrum in Gießen: „Das ist atemberauben“
Der Rundgang führte in den ersten Stock, wo etliche Büro-, Sozial-, Ruhe- und weitere Räume zu finden sind. »Herzlich Willkommen«, sagte Klee lächelnd bei der Besichtigung ihres künftigen Eckbüros. Auch der Sportraum ist in der oberen Etage angesiedelt. Dank der großen Glasfront können die Feuerwehrleute künftig während des Trainings den Blick auf die Natur genießen oder den Zalando-Mitarbeitern beim Verladen zusehen. Auch der Übungsturm, in dem die Einsatzkräfte aus dem gesamten Landkreis künftig den Ernstfall proben können, ist durch die Fenster zu sehen. Daneben soll noch ein Gleis verlegt werden, um Einsätze in Zügen simulieren zu können.
Nachdem Bravetti die Stadtverordneten über Verzögerungen und Umplanungen wegen Corona und fehlender Rohstoffe informiert hatte, warf die Gruppe einen Blick in die künftige Leitstelle. Anschließend führte der Weg wieder ins Erdgeschoss und in den anderen Trakt des U-förmigen Gebäudes. Hier finden sich unter anderem Werkstätten sowie ein Raum, in dem eine acht Meter große Waschmaschine künftig 8000 Schläuche aller Wehren des Landkreises reinigen soll. In Schulungsräumen kann Theorie gebüffelt und nebenan in die Praxis umgesetzt werden. Laut Mathes sollen die Räume zum Beispiel mit Gittern versehen und eingenebelt werden, um möglichst realistische Einsatzszenarien abbilden zu können. Stadträtin Astrid Eibelshäuser regte scherzhaft an, das Areal für Kindergeburtstage zu vermieten. Die horrenden Mehrkosten werden damit aber wohl nicht ausgeglichen werden können.
»Ich kann es gar nicht abwarten, hier endlich die Einweihung feiern zu können«, sagte der sichtlich beeindruckte Oberbürgermeister Becher. »Das ist atemberaubend.« (Christoph Hoffmann)