80 Euro mehr im Monat: Gaspreise in Gießen steigen massiv
Der Ukraine-Krieg lässt in Gießen die Energiepreise in die Höhe schnellen. Nach Strom und Fernwärme erhöhen die Stadtwerke nun auch den Gaspreis kräftig.
Gießen - Wenn die Stadtwerke Gießen zu einem Pressegespräch einladen, bedeutet das in den aktuellen Zeiten meist nichts Gutes. Und auch am Montagnachmittag (16. Mai) hatte der Kaufmännische Vorstand der SWG, Jens Schmidt, schlechte Nachrichten für die Gießener Kunden. Ab dem 1. Juli wird Erdgas für sie »massiv teurer«, wie es Schmidt formulierte. »Es macht die Sache nicht besser, aber diese Entwicklung war leider absehbar.«
In der Grundversorgung steigt der Erdgaspreis um 3,87 Cent pro Kilowattstunde. Nach einer Beispielrechnung der Stadtwerke Gießen entspricht das bei einem Jahresverbrauch von 25 000 Kilowattstunden einer Steigerung von rund 46 Prozent beziehungsweise Mehrkosten von 80,63 Euro pro Monat. Auf das Jahr gerechnet sind das fast 1000 Euro. »Das ist eine enorme Belastung«, betonte Schmidt, »so viel Geld muss man erst einmal haben.«
Stadtwerke Gießen: Gas-Preisentwicklung besonders im „Thermo Fix“-Tarif dramatisch
Noch dramatischer fällt die Preisentwicklung für Kunden aus, die den bislang günstigeren Tarif »Thermo Fix« gebucht haben. Hier kostet die Kilowattstunde künftig 7,49 Cent mehr. Bei einem Verbrauch von 25 000 Kilowattstunden kommen so jährlich 3579 Euro pro Jahr zusammen, vorher waren es 1705 Euro. Das ist eine Steigerung von rund 110 Prozent.
Den Preisvorteil dieses Tarifs konnten die SWG bislang durch eine komplette Beschaffung für jeweils ein Jahr im Voraus realisieren. Doch wegen des »ungebremsten Höhenflugs der Energiepreise« funktioniere diese Strategie nicht mehr, sagte Andreas Fuchs, Leiter der Abteilung Vertrieb: »Verglichen mit den Bezugskonditionen vor einem Jahr haben sich die Börsenkurse vervierfacht.« Die Folge: »Thermo Fix«, den nur Bestandskunden wählen können, ist nun teurer als die Grundversorgung. Dafür sollen sich die Preise für ein Jahr lang nicht verändern. »Trotzdem haben unsere Kunden die Möglichkeit, nun in die Grundversorgung zu wechseln«, sagte Fuchs.

Viele Jahre lang waren die SWG-Kunden einen konstanten Gaspreis gewohnt. 15 Jahre drehte der Gießener Energiedienstleister nicht an dieser Schraube. Ende 2020 brachen die Stadtwerke jedoch mit dieser aus Kundensicht erfreulichen Tradition. Der Preis für Erdgas stieg um 0,29 Cent pro Kilowattstunde und somit für den Durchschnittskunden um monatlich 6,83 Euro.
Stadtwerke Gießen: „Russland liefert signifikant weniger Gas nach Europa“
Im Herbst des vergangenen Jahres kündigte das Unternehmen dann einen erneuten Anstieg um 1,62 Cent pro Kilowattstunde (im Durchschnitt 37 Euro Mehrkosten im Monat) für 2022 an. Die nun ausgesprochene erneute Erhöhung dürfte für viele Gießener ein Schock sein, zumal die Stadtwerke zuvor auch den Arbeitspreis für Strom um knapp drei Cent auf 32,92 Cent pro Kilowattstunde (durchschnittlich 64,70 Euro mehr im Jahr) erhöht hatten. Die Fernwärmekunden mussten ebenfalls eine regelrechte Kostenexplosion und durchschnittliche Mehrkosten von 379,55 Euro pro Jahr verkraften.
Schmidt betont, dass die Stadtwerke keine andere Wahl hätten und begründet den Anstieg beim Erdgas vor allem mit dem Krieg in der Ukraine. »Russland liefert signifikant weniger Gas nach Europa.« Mit den Vorräten in den Speichern und der alternativen Energiebeschaffung von Flüssiggas etwa aus den USA könne die geringere Menge Erdgas aus den russischen Pipelines nicht kompensiert werden, zumal in Deutschland die dafür notwendigen Terminals noch fehlten.
Gießen: Hohe Gas-Preise - Ratenzahlung für Geringverdiener möglich
Im Schnitt 1000 Euro mehr pro Jahr. Für Besserverdiener ist das ärgerlich, aber verkraftbar. Für Geringverdiener kommen diese Mehrausgaben jedoch einer Katastrophe gleich, die Belastung kann kaum noch gestemmt werden. Das ist den Stadtwerken bewusst, sagte Schmidt am Montag. »Wir sind selbstverständlich zu Ratenzahlungen bereit. Es ist nur wichtig, dass die Betroffenen auf uns zukommen und nicht einfach aufhören zu bezahlen«, betonte der Kaufmännische Vorstand und fügte hinzu: »Wenn man miteinander redet, findet man auch eine Lösung.«
Fuchs kündigte in diesem Zusammenhang zudem an, dass Mitarbeiter der Stadtwerke künftig auch Beratungsgespräche im neuen Wohnbau-Kundencenter anbieten werden. (Christoph Hoffmann)