Für Verständigung und Verständnis

Gießen (pm). Christel Buseck wird in diesem Jahr mir der Hedwig-Burgheim-Medaille ausgezeichnet. Mit dieser Auszeichnung ehrt der Magistrat der Stadt Gießen alle zwei Jahre Bürger, die sich um Verständigung und Verständnis zwischen den Menschen verdient gemacht haben. Er erinnert damit an das Wirken der jüdischen Pädagogin Hedwig Burgheim, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurde.
Christel Buseck ist seit 1994 Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Gießen-Wetzlar. In dieser Funktion beteiligte sie sich von 1994 bis 2014 maßgeblich an der Gestaltung und Umsetzung der Begegnungswochen der ehemaligen Gießener jüdischen Bürger in Gießen, zu der der Magistrat zwischen 1982 und 2014 alle zwei Jahre eingeladen hat. Sie organisierte und begleitete die Programmteile der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und war in dieser Zeit für die jüdischen Gäste aus aller Welt auch ständige Ansprechpartnerin. Zudem pflegte sie diese Kontakte auch zwischen den Begegnungswochen durch Schriftverkehr, persönliche Besuche in Israel und die Beherbergung von jüdischen Gästen in ihrem Privathaus.
Anstöße für gelebte Erinnerungskultur
Als Lehrerin der Ricarda-Huch-Schule Gießen arbeitete Christel Buseck von 2005 bis zu ihrer Pensionierung 2015 an Schulprojekten zur Erinnerungsarbeit mit, wie an einer Ausstellung zum Gedenken an deportierte jüdische Schüler der Schule, an Lesungen, an Stolperstein-Verlegungen am Eingangsportal der Schule, an einem Zeitzeugen-Bericht des Holocaust-Überlebenden Thomas Breuer vor Schülern oder der Teilnahme am Wettbewerb Trialog der Kulturen und Religionen der Herbert Quandt-Stiftung.
Zudem engagiert sich Christel Buseck seit 2011 - auch im Ruhestand seit 2015 - in der Vorbereitung und Durchführung der mittlerweile sieben projektorientierten Schüleraustausche zwischen der Richarda-Huch-Schule und der Partnerschule Eldad High School in der Gießener Partnerstadt Netanya in Israel. Auch war sie an den Vorbereitungstreffen zur Begründung der Schulpartnerschaft, insbesondere dem Besuch einer Gießener Lehrer-Delegation in Netanya, maßgeblich beteiligt. Durch ihre Unterstützung hat sie vor allem den teilnehmenden Schülern das Kennenlernen der anderen Kultur sowie das Auseinandersetzen mit der geschichtlichen Vergangenheit ermöglicht. Viele der dort entstandenen Freundschaften bestehen noch heute.
Christel Buseck hat in der Stadt Gießen auch immer wieder Anstöße für eine gelebte Erinnerungskultur gegeben. So gehen die Errichtung und Erneuerung von Gedenktafeln, und die Durchführung von Gedenkveranstaltungen auf ihre Anregung zurück.
Zudem hat Christel Buseck in vielen Gesprächen mit dem 2018 verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden des Vereins ehemaliger Gießener und der Umgebung, Josef Stern, und dessen Hinterbliebenen erreicht, dass der von Josef Stern mit ehemaligen Gießener Juden in aller Welt geführte Schriftverkehr, sein Archiv der Überlebenden, als wertvoller Bestand für das Stadtarchiv Gießen gesichert werden konnte.
Christel Buseck engagiert sich seit 2006 auch als Gründungsmitglied der Koordinierungsgruppe Stolpersteine in Gießen und ist zurzeit deren Sprecherin. Sie recherchiert mit hohem Zeitaufwand zu den jeweiligen Einzelschicksalen vor der Deportation und insbesondere zu bisher unbekannten Opfern. Darüber hinaus organisiert sie das Verlegen vieler Stolpersteine.
Die Übergabe der Hedwig-Burgheim-Medaille erfolgt am kommenden Donnerstag, 8. September, 18 Uhr, im Netanyasaal des Alten Schlosses. Dazu sind die Bürger herzlich eingeladen. Es sprechen Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher, Brigitte Itzerott und Pfarrer Cornelius Mann, die beide die Laudatio halten. Christel Buseck. Lukas Rink (Klavier) und Rolf Weinreich (Gitarre und Gesang) umrahmen die Feierstunde musikalisch.