Friseursalon im Freien

Gießen (bac). »Das sieht jetzt wieder richtig gut aus. Die Haare waren ziemlich lang«, sagt Bitta und schaut zufrieden in den Spiegel, den ihr die Friseurin Petra Reinheimer hinhält. Utensilien wie Scheren, Fön, Kämme liegen griffbereit auf einem Ablagetisch. Das, was wie eine normale Szene zwischen einer Kundin und ihrer Friseurin wirkt, ist keine, denn das Gespräch findet in einem Pavillon vor der Werkstattkirche in der Ederstraße statt.
Drei Friseurinnen des Vereins Barber Angels haben ihren flexiblen Friseursalon im Hof aufgebaut. Angeboten wird jeweils ein neuer Haarschnitt (weitere Leistungen, wie Haare waschen oder färben sind schon aufgrund des Aufwands nicht drin).
Termine für
40 Personen
»Der Verein kommt mittlerweile regelmäßig ein- bis zweizal in Jahr nach Gießen, um unserem Klientel die Haare zu schneiden«, sagt Christoph Geist, der Leiter der Werkstattkirche. Gab es früher lange Warteschlangen mit bis zu 100 Personen im Hof, so geht es seit einigen Malen sortiert zu, mittels einer Terminvergabe vorab. Dadurch können pro Aktion 40 Personen verlässlich bedient werden. »Damit wird der Rahmen einfach überschaubarer. Durch Corona mussten wir sowieso Nachverfolgungslisten und Termine vergeben und das haben wir beibehalten, sagt Geist dazu. Jakob Handrack und Thomas Ransbach von der Kulturkirche St. Thomas Morus verkürzten zudem mit Gitarre und Akkordeon musikalisch die Wartezeit. Trotz Terminplanung kommt es schon mal zu kleinen Wartezeiten, die die Frauen und Männer jedoch gern in Kauf nehmen, um mit einem neuen Haarschnitt wieder zu gehen. Denn ein kostenpflichtiger Friseurbesuch ist für diejenigen, die dort warten, nicht drin.
Mittlerweile hat es sich herumgesprochen, dass man hier ab und zu eine Gratis-Frisur bekommen kann. Daher sind die meisten nicht zum ersten Mal da und äußerten sich positiv über diese Aktion. »Ich freue mich jedes Mal darauf. Wegen eines Nervenleidens kann ich gar nicht zu einem normalen Friseur gehen, denn das Überstrecken beim Kopfwaschen kann ich gar nicht machen«, erzählte Antje, während ihr Andreas Bug die Haare schneidet. »Ich gehöre aktuell zu der Corona-Hochrisikogruppe. Ich bin sehr vorsichtig. Daher bin ich sehr froh, dass es hier im Hof unter freiem Himmel geht.«
Schon seit Jahren
im Einsatz
Bärbel Weigand, einer der Organisatoren der Werkstattkirche, hat ein Auge darauf, dass auch die richtigen Personen in diesen Genuss kommen. »Wir machen dafür keine Werbung, sondern sprechen die Leute möglichst selbst an, denn die 40 Plätze sind schnell belegt.«
Die drei Frauen des Vereins sind alle ausgebildete Friseurinnen, Meisterinnen ihres Fachs, und arbeiten für den Verein ehrenamtlich. »Dafür opfern wir gern mal einen freien Sonntag«, sagt Andrea Bug. Sie kommen aus dem Raum Frankfurt und würden sich über weitere Unterstützer freuen. »Man bekommt so viel zurück«, betont Petra Reinheimer.
Die Barber Angels führen seit 2017 regelmäßig ihre Haarschneideaktionen für sozial Schwache durch. Die drei Friseurinnen, die am Sonntag, die Scheren schwingen, sind seit 2018 dabei. »Wir machen das wirklich gerne«, sagte Bug.
Die Barber Angels Brotherhood wurde im November 2016 in Biberach an der Riß gegründet. Mittlerweile ist der Verein über Deutschland hinaus aktiv und mehr 400 Mitglieder engagieren sich neben dem Einsatz in Deutschland auch in der Schweiz, in Spanien/Mallorca, in den Niederlanden, in Norwegen und in Chile/Südamerika. Der Verein finanziert sich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.