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Firmenwachstum ohne Waldverlust? Stadt prüft Ausbaupläne von Stahlunternehmen

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Von: Burkhard Möller

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Das Firmengelände von Bieber+Marburg mit der potentiellen Erweiterungsfläche hinten im Wald. © Oliver Schepp

Vier Hektar Wald sollen für den Ausbau des Stahlhandelunternehmens Bieber+Marburg in Gießen verschwinden. Naturschützer protestieren. Die Stadt prüft nun die Pläne.

Gießen - Anfang des Frühjahrs waren die Erweiterungspläne des Stahlhandelunternehmens Bieber+Marburg über Wochen das stadtpolitische Aufregerthema. Fünf Monate nach dem Beschluss des Stadtparlaments, einen Bebauungsplan aufzustellen, um der im Wald am Steinberger Weg ansässigen Firma einen weiteren Ausbau zu ermöglichen, hat nun die vom Magistrat angekündigte umfassende Prüfung dieses Vorhabens begonnen.

Die Stadt hat eine Ausschreibung über die Erstellung einer »Standortvariantenprüfung und eines Bebauungsplans mit Umweltbericht für eine Gewerbebetriebserweiterung« veröffentlicht. Auf Nachfrage bestätigte die Stadt, dass es sich bei dem Betrieb um Bieber+Marburg handelt.

Stahlhandelunternehmen Bieber+Marburg in Gießen: Naturschützer protestieren gegen Ausbaupläne

Das Vorhaben des Unternehmens sorgte für Schlagzeilen, weil mit der von Bieber+Marburg gewünschten zweiten Erweiterung am bisherigen Standort ein Verlust von vier Hektar Wald verbunden wäre. Gegen diese Pläne hatten Natur- und Klimaschützer protestiert. Der Magistrat und die ihn tragenden Koalitionsfraktionen Grüne, SPD und Gießener Linke hatten auf die umfassende Prüfung der Firmenerweiterung verwiesen und eine ergebnisoffene Betrachtung versprochen.

Diese beinhaltet nun laut Ausschreibung auch die Prüfung von »maximal fünf Standortvarianten«. Es ist also denkbar, dass sich darunter auch Recylingflächen befinden, die ohne Waldverlust genutzt werden könnten. Die möglichen Erweiterungsflächen sollen unter Umwelt- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten inklusive einer Kohlendioxidbilanz geprüft werden, es soll eine ökonomische und eine Ressourcenbetrachtung vorgenommen werden, der »stadtwirtschaftliche Nutzen« mit Auswirkungen und Beeinträchtigungen der jeweiligen Varianten ermittelt werden. Am Ende steht ein Variantenvergleich mit einer Nutzen-Kosten-Analyse.

Gießen: Bis Mitte 2023 könnte ein Vorentwurf des Bebauungsplans vorliegen

Das Unternehmen selbst favorisiert aus verschiedenen Gründen eine Erweiterung am Standort und begründet das unter anderem mit Betriebsabläufen, mit dem direkten Gütergleisanschluss an die Bahnstrecke Gießen-Gelnhausen und dem nahen Autobahnanschluss. Das Betriebsgelände würde in diesem Fall weiter Richtung Leihgesterner Weg in den Wald wachsen. Dort war Bieber+Marburg bereits vor rund 14 Jahren eine größere Erweiterung um drei Hektar genehmigt worden. Damals freilich unter der Maßgabe der Regionalplanung des Gießener Regierungspräsidiums, dass in der Zukunft kein weiterer Ausbau an dieser Stelle erfolgt. Stadt und RP sehen diese Festlegung als mittlerweile überholt an.

Die Variantenprüfung, die nach Erwartung des Stadtplanungsamts bis Anfang 2023 abgeschlossen werden könnte, ist nur der erste Teil. In einem zweiten Teil soll das per Ausschreibung gesuchte Planungsbüro einen Abweichungsantrag zum Regionalplan Mittelhessen 2010 mit Begründung formulieren und den Bebauungsplan »im Vollverfahren« mit Umweltbericht weiterbearbeiten. Nahtlos würde das aber nur gehen, sollte sich die vom Unternehmen favorisierte Fläche am Standort bei der Variantenprüfung durchsetzen. In diesem Fall könnte laut Stadt bis Mitte des kommenden Jahres ein Vorentwurf des Bebauungsplans vorliegen.

Bieber+Marburg in Gießen: Stadt rechnet mit reger Beteiligung am Prüfverfahren

Sollte der bislang diskutierte Standort im Rahmen der Variantenprüfung verworfen werden und eine andere Fläche empfohlen werden, müsste das Bebauungsplanverfahren neu aufgerollt werden. Vorausgesetzt, Bieber+Marburg, das Platz für zwei neue Hochregallager braucht, würde sich dort ansiedeln wollen. Die Stadt rechnet so oder so mit einer regen Beteiligung im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens und vielen Eingaben, die bewertet werden müssen. Das koste erfahrungsgemäß Zeit.

Bei einer Erweiterung am jetzigen Standort müsste die Stadt Gießen bei der Regionalversammlung Mittelhessen eine Abweichung noch vom alten Regionalplan 2010 beantragen, da der neue, in dem die Erweiterungsfläche zum Unmut von Naturschützern eingetragen worden ist, sich noch im Entwurfsstadium befindet. (mö)

Auch bei der Sanierung des Schwanenteiches in Gießen schauen Naturschützer genau auf die Pläne der Stadt. Am kommenden Montag (12. September) will die Stadt nach monatelangen Diskussionen ihre Ideen vorstellen.

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