Feministische Wunderkammer

Gießen (seg). Vom 23. bis zum 25. September wird zum zweiten Mal das Femme*Festival stattfinden. Das Gießener Kunstfestival will diesmal eine Wunderkammer, in Anlehnung einer Ausstellungsform der Frühen Neuzeit, feministisch neu interpretieren. Dafür ist nun der »Call-for-Artists« angelaufen. Bis Ende Juli können sich interessierte FLINTA-Künstlerinnen - also Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen - bei den Organisatorinnen melden.
Wunderkammern waren Sammlungsräume, die Gegenstände und Kunstwerke aus unterschiedlichen Epochen und Stilrichtungen an einem Ort präsentiert haben. Oft geschah das auf einem engen Raum. Mara Unger vom Femme*Festival hatte sich in ihrem Studium der Kunstgeschichte mit diesen Wunderkammern beschäftigt. »Ich fand das spannend« - weil diese Räume einen rein männlich geprägten Blickwinkel zeigten. »Es waren schließlich reiche Männer, die Kunst von Männern für ein männliches Publikum ausgestellt haben«, erklärt Wenke Ingwersen vom Orga-Team. Das Festival will nun einen Gegenentwurf zu den damaligen Ausstellungsräumen präsentieren, indem mehrere FLINTA-Künstlerinnen für ein Wochenende eine feministische Wunderkammer einrichten. »Wir stellen uns dabei auch die Frage, wie Museen heute aussehen würden, wenn FLINTA-Personen damals an den Wunderkammern beteiligt gewesen wären.« Dieses Sammlungskonzept habe auch eine Vorreiterrolle für heutige Museen eingenommen, in denen männliche Künstler überrepräsentiert seien. »Wer kann denn eine Künstlerin von vor 1950 nennen?«, fragt Ingwersen. Der patriachale Blick auf Kunst habe Frauen an den Rand gedrängt.
Was die FLINTA-Künstlerinnen nun auf dem Femme*Festival präsentieren werden, dafür gebe es keine Vorgaben. Noch bis zum 31. Juli können Interessierte ein Konzept, einen Kostenplan und Informationen zur eigenen Person richten (femmefestivalgiessen @gmail.com).
Der genaue Ort der Wunderkammer steht im Moment noch nicht fest. Die Veranstalterinnen planen aber bereits, dass das Festival wieder von Workshops und einer Party begleitet wird. FOTO: SCHEPP