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Chemie-Nobelpreisträger Benjamin List hält Vortrag in Gießen: »Faszination für Moleküle«

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Von: Sebastian Schmidt

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Benjamin List, Nobelpreisträger für Chemie, hält einen Vortrag in Gießen. In einem Interview mit unserer Zeitung spricht er über seine Forschung.

Gießen – Der Frankfurter Benjamin List hat 2021 den Nobelpreis der Chemie erhalten. Am Mittwoch (22. März) wird er in Gießen einen Vortrag vor den Nachwuchschemikern der Justus-Liebig-Universität halten. Zu dem namensgebenden Wissenschaftler der hiesigen Hochschule hat List übrigens eine ganz besondere Verbindung, wie er im Gespräch mit dieser Zeitung erzählt.

Herr List, Sie haben 2021 den Nobelpreis der Chemie erhalten für Ihre Forschung zur Organokatalyse. Können Sie in einfachen Worten erklären, woran Sie forschen?

Am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr betreiben wir Katalyseforschung. Ein Katalysator ist eine Art »molekulares Werkzeug«, das chemische Prozesse in Gang setzt oder beschleunigt. Wir kennen das zum Beispiel aus dem Auto: Dort macht ein Katalysator aus gesundheitsschädlichen Abgasen weniger gesundheitsschädliche Abgase. Unsere Aufgabe ist es, stets neue, bessere Katalysatoren zu entwickeln, um die Chemie umweltfreundlicher und günstiger zu machen.

Und was war die Erkenntnis, für die Sie den Nobelpreis erhalten hatten?

Bis in die 90er Jahre hinein haben Chemiker gedacht, diese Katalysatoren müssen entweder Metalle enthalten, welche giftig sein können oder teilweise sehr, sehr selten sind. Oder es müsse sich um komplexe Enzyme handeln, wie sie in unseren Körpern vorkommen. Doch ich habe nachgewiesen, dass auch kleine organische Moleküle Katalysatoren sein können, sogar sehr gute. Mithilfe der Aminosäure Prolin, mit der ich damals meine ersten Experimente gemacht habe, wird zum Beispiel heute ein Medikament gegen Aids hergestellt.

Ihre Forschung spielt auch eine Rolle im Kampf gegen den Klimawandel.

Ich persönlich denke, dass die Katalyseforschung unbedingt notwendig ist, um die großen Herausforderungen unserer Gesellschaft zu lösen, das gilt auch für den Klimawandel. So arbeiten Chemiker schon jetzt an Möglichkeiten, Kohlenstoff wieder aus der Atmosphäre herauszufiltern. Und meine Arbeitsgruppe ist seit vergangenem Jahr mit einem Projekt beschäftigt, in dem es darum geht, die chemische Nutzung fossiler Energien deutlich effizienter zu gestalten.

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Der Nobelpreisträger Benjamin List forscht zu Katalysatoren und hält am Mittwoch einen Vortrag in Gießen. © pv

Die Justus-Liebig-Universität in Gießen will Energie sparen. Dabei setzt die Universität auf eine Vielzahl von Maßnahmen – geht aber kontroverse Wege, um diese zu kontrollieren.

Chemie-Nobelpreisträger Benjamin List hält Vortrag in Gießen: »Die Welt wirklich verstehen«

Der berühmteste Chemiker aus Gießen ist Justus von Liebig. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihrer Forschung heute und Liebigs vor fast 200 Jahren?

Von Liebig war ja nicht nur in Gießen berühmt, und wenn es zu seinen Lebzeiten den Nobelpreis schon gegeben hätte – er hätte ihn mit ganz großer Sicherheit bekommen! Es gibt aber tatsächlich eine Art familiären Zusammenhang von Liebig und mir. Mein Ururgroßvater war der Chemiker Jacob Volhard. Und Jacob Volhard war ein Schüler von Justus von Liebig und hat unter anderem auch eine Biografie über ihn geschrieben.

Am Mittwoch (22. März) sprechen Sie in Gießen vor Nachwuchs-Chemikern. Was hat Sie persönlich in jungen Jahren an dem Fach Chemie so gereizt?

Für mich stand schon im Alter von elf Jahren fest, dass ich Chemiker werden möchte. Ich war damals davon überzeugt, dass Chemiker diejenigen sein müssten, die die Welt wirklich verstehen. Immerhin können sie bis auf die atomare Ebene schauen und sehen, was dort passiert. Das war schon fast ein philosophischer Ansatz. Natürlich habe ich später feststellen müssen, dass das so nicht ganz richtig ist. Aber die Faszination für die Moleküle ist geblieben.

Haben Sie Karriere-Tipps für die jungen Kolleginnen und Kollegen der Justus-Liebig-Universität?

Den jungen Kolleginnen und Kollegen aus Gießen möchte ich das mit auf den Weg geben, was ich immer als Karrieretipp mit auf den Weg gebe: Geht mit Leidenschaft an die Sache heran, was auch immer ihr beruflich erreichen wollt. Folgt eurem Enthusiasmus und tut, was euch Freude bereitet. Zugegeben: Dabei springt zwar nicht immer ein Nobelpreis heraus, aber immerhin hat man Spaß bei der Arbeit.

Herr List, als bekennender Eintracht-Fan: Ihre Meinung zum Spiel und vor allem dem Fan-Ausschluss in Neapel?

Ich glaube, zu dem Spiel selbst muss man nicht mehr allzu viel sagen. Die Frankfurter haben sich gut geschlagen, aber die Neapolitaner sind uns im Moment einfach überlegen. Zu dem Verhalten dieser sogenannten Fans, die sich in Italien sowohl mit der Polizei als auch mit den Anhängern der gegnerischen Mannschaft Straßenschlachten liefern, möchte ich mich eigentlich auch nicht äußern. Das ist schlicht unsäglich und hat mit dem wunderschönen, eleganten Sport, der Fußball nun einmal ist, nichts zu tun.

Das Interview führte Sebastian Schmidt.

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