Energiespar-Tipps: Hier können sogar Sparsame noch nachbessern

Wie kann man als normaler Mieter weniger Strom und Gas verbrauchen? Mit dieser Frage geht unser Autor zur Energieberatung der Stadtwerke Gießen - und kommt ernüchtert wieder nach Hause.
Gießen - Seit Monaten prasseln immer wieder neue Schreckensmeldungen über steigende Preise an den Energiemärkten auf die Verbraucher ein. Und seit Russlands Angriff auf die Ukraine hängt jetzt auch noch das Damoklesschwert des Gasstopps über Deutschland und treibt die Kosten weiter in die Höhe. Was kann man als Mieter da eigentlich unternehmen, um Energie und damit Geld einzusparen? Um das herauszufinden, habe ich einen Termin bei der Energieberatung der Stadtwerke Gießen (SWG) ausgemacht und mich mit Energieberater Martin Lorenz getroffen. So richtig viel Einsparpotential gibt es bei mir aber wohl nicht.
»Wenn ich einsparen will, muss ich wissen, wo ich stehe«, sagt Lorenz zu Beginn. Zuerst macht der Energieberater darum immer eine Bestandsaufnahme, vergleicht dabei auch die Verträge und Abschlagszahlungen. Deswegen muss man zu dem Termin die SWG-Kundennummer mitbringen, denn mit der können die Energieberater alle Verbrauchsinformationen aus dem Computer auslesen.
Energiesparen: Heizbedarf variiert mit Stockwerken
Lorenz fängt beim Strom an: Rund 1900 Kilowattstunden pro Jahr haben meine Partnerin und ich in unserem vergangenen Abrechnungszeitraum verbraucht. »Unterdurchschnittlich«, wie Lorenz sagt. Laut dem deutschen Stromatlas liegt der Verbrauch für Zwei-Personen-Haushalte, in denen das Warmwasser nicht durch Strom erzeugt wird, im Mittel nämlich bei 2000 bis 2500 Kilowattstunden.
Zu dem gleichen Urteil kommt Lorenz beim Heizen, nachdem er sich die Wohnsituation hat erklären lassen: Zur Miete im Altbau, Dachgeschoss, rund 95 Quadratmeter und eine Gastherme fürs Heizen und Warmwasser. Alles wichtige Faktoren sagt Lorenz: »Eine Dachgeschosswohnung verursacht zum Beispiel mehr Heizkosten als eine Wohnung in der Mitte des Gebäudes.« Weil Wärme über das unbeheizte Dach entweichen kann. »Erdgeschosswohnung verbrauchen sogar noch mehr, wegen des kalten Kellers.« Mit rund 16 000 Kilowattstunden sei unser Verbrauch aber auch hier unterdurchschnittlich.
Nach einem kurzen Check, ob die Abschlagszahlungen angemessen sind - sind sie - geht es dann zur eigentlichen Frage: Wie kann ich jetzt Strom und Gas sparen? Lorenz Urteil über den unterdurchschnittlichen Verbrauch lässt aber bereits erahnen, dass das nicht so einfach ist.
Energiesparen: Andere Temperatur in Alt- als in Neubau
Als Mieter könne man nur durch das Nutzerverhalten Einfluss auf die Heizkosten nehmen. »Ihnen gehört ja weder das Haus noch die Gasheizung«, sagt Lorenz. Man könne aber zum Beispiel die Temperatur in den einzelnen Räumen verringern. In einem Altbau gelte als Richtwert 21 bis 23 Grad, in einem Neubau 19 bis 21 Grad. »Die Empfindung hängt nämlich nicht nur von der Raumtemperatur ab, sondern von der Wärmeabstrahlung aller Flächen.« Jedes Grad weniger bedeute sechs Prozent weniger Energieverbrauch, sagt Lorenz. Großes Einsparpotenzial habe es da auch, Räume, die man nicht benutze, nicht vollzuheizen, sondern nur zu temperieren. »Sie sollten dort aber trotzdem zwischen 12 und 15 Grad haben, damit sie keine Feuchtigkeitsschäden bekommen.« Lorenz schätzt richtig, unser geringer Verbrauch kommt dadurch zustande, dass wir von fünf Räumen eigentlich nur zwei gleichzeitig heizen und dort auf die 21 Grad kommen.
Ein Tipp von Lorenz, den ich aber dann doch anwenden kann: An der Gastherme die Vorlauf-Temperatur regulieren. »Je nach Außentemperatur muss das Wasser ja heißer oder kälter sein, um die gewünschte Wohntemperatur zu erreichen.« Wenn man die Vorlauf-Temperatur immer gleich hoch lässt, produziere man mehr Wärme als man brauche. Tatsächlich stelle ich den Temperaturregler am Anfang und Ende des Winters bereits einmal um. Lorenz rät dazu, jeden Monat ein bisschen nachzujustieren und dadurch etwas Energie einzusparen.
Und beim Strom? »Auch hier kann durch das Nutzerverhalten Energie gespart werden«, sagt Lorenz. Der Energieberater empfiehlt Elektrogeräte wie Fernseher an Steckerleisten zu hängen und diese auszuschalten, wenn das Gerät nicht benutzt wird. »Die Standby-Funktion kann bis zu 50 Euro im Jahr an Stromkosten verursachen.« Wieder ein Tipp, den ich, dort wo es Sinn macht, bereits befolge.
Energiesparen: Vorlauf-Temperatur regulieren
Alle unsere Großgeräte wie Spülmaschine oder Kühlschrank haben auch, obwohl sie teilweise über zehn Jahre alt sind, mindestens Energieeffizienzklasse A. Das ist gut oder? Lorenz schüttelt den Kopf. Die Skala sei Anfang 2021 geändert worden. »Ein Gerät, das früher A+++ hatte, kann heute sogar nur ein D haben.« Die Technik und das Einsparpotential haben sich weiterentwickelt und viele alte Elektrogeräte können da nicht mehr mithalten. Lorenz sagt: »Funktionierende Geräte nun auszutauschen, ist aber auch nicht nachhaltig.« Beim Neukauf sollte man jedoch auf die neuen Energieeffizienzklassen achten. Auch wenn ein besonders sparsamer Kühlschrank zum Beispiel 200 Euro mehr koste, könne das über die Lebensdauer des Geräts an Stromkosten wieder eingespart werden. Gleiches gilt bei der Beleuchtung: Auch hier mache es wenig Sinn eine funktionierende Lampe zu ersetzen, aber beim Neukauf könne man zu einer sparsameren Variante greifen. Glühbirnen hat wahrscheinlich niemand mehr in Benutzung, aber LED-Lampen seien noch einmal effizienter als Energiesparlampen. »Eine 100 Watt Glühbirne entspricht einer 27 Watt Energiesparlampe und einer 5 Watt LED«, erklärt Lorenz.
Zuletzt hat der Energieberater noch weitere Ratschläge parat wie: Die Energiesparfunktion von Elektrogeräten zu benutzen oder die Spülmaschine nicht halbleer laufen zu lassen. Dinge, von denen ich mir zumindest einbilde, sie sowieso immer zu machen.
Nach dem Termin bin ich nun zwiegespalten: Einerseits freut es mich, dass unser Verbrauch bereits so niedrig ist, andererseits wurde die Hoffnung, nach dem Treffen Geld sparen zu können, enttäuscht. Hängengeblieben ist aber, dass die Energieeffizienzklassen alter Großgeräte nicht mehr widerspiegeln, was heute technisch möglich ist. Und vielleicht lässt sich durch eine manuelle Anpassung der Vorlauf-Temperatur ja tatsächlich ein bisschen Gas einsparen.
Andere Verbraucher können von den SWG-Experten vielleicht, auf sie zugeschnitten, größere Einsparpotenziale aufgezeigt bekommen. Termine zur Energieberatung gibt es auf: energiessen.de/energieberatung. (Sebastian Schmidt)