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Einschnitt für Hochschul-Austausch

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Von: Kays Al-Khanak

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Die DAAD-Stipendiaten kommen aus aller Welt. Bald könnte es auch in Gießen weniger international zugehen. ARCHIV © Red

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) steht vor umfangreichen Budgetkürzungen. Für Hochschulen wie die Uni Gießen bedeutet der Beschluss der deutschen Bundesregierung einen tiefen Einschnitt - auch mit Blick auf die internationale Konkurrenzfähigkeit.

Der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD) soll Exzellenz und Perspektiven von Bildung und Wissenschaft durch internationalen Austausch stärken, die internationale Zusammenarbeit zum Wohle von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft fördern, globale Verantwortung übernehmen und zu Entwicklung und Frieden beitragen. Gerade heute sind dies Aufgaben, die in einer Welt voller Unsicherheiten von großer Bedeutung sind. Jetzt steht der DAAD selbst vor einer Zeit der Unwägbarkeiten: Die von der Bundesregierung beschlossenen Kürzungen der Grundfinanzierung durch das Auswärtige Amt bedeuten einen tiefen Einschnitt in die finanzielle Ausstattung und die Arbeit des DAAD. Während die Justus-Liebig-Universität (JLU) gerade prüft, was die angekündigten Mittelkürzungen für die Projekte und Stipendien bedeuten, haben JLU-Wissenschaftler zusammen mit über 3200 Erstunterzeichnern in einem offenen Brief gefordert, die vorgesehenen Kürzungen zu stoppen.

Will ein Studierender aus einem anderen Land zum Beispiel in Deutschland studieren, kann er sich um ein Stipendium des DAAD bemühen. Über 350 Hochschulen und Universitäten haben sich dort vernetzt und arbeiten zusammen. Im vergangenen Jahr konnten fast 135 000 Wissenschaftler finanziell unterstützt werden. Das Auswärtige Amt ist einer von vier großen Geldgebern; 2021 erhielt der DAAD von dort insgesamt 204 Millionen Euro. In diesem Jahr jedoch soll sich der Betrag auf 195 Millionen Euro und im nächsten Jahr auf 191 Millionen Euro verringern.

Protest auch

aus Gießen

JLU-Präsident Joybrato Mukherjee ist auch DAAD-Präsident. Er sieht die geplanten Kürzungen kritisch: »Sie werden unsere Fördermöglichkeiten für Hochschulen, Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für Jahre deutlich reduzieren«, sagt er. »Zudem senken die Kürzungen die internationale Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Deutschland und seiner Hochschulen, und das in einer Zeit, in der außenwissenschaftspolitisch eine Vorbildfunktion und eine Führungsrolle Deutschlands in besonderer Weise notwendig wären.«

Der umfängliche Rückgang bei der Grundfinanzierung zwinge den DAAD bereits jetzt »zu schmerzhaften Einschnitten bei seinen zentralen Aktivitäten«. Die Vergabe von langfristigen Studien- und Promotionsstipendien für ausländische Studierende, Promovierende und Forschende müsse um 50 Prozent reduziert werden; damit fielen rund 700 Langzeitstipendien pro Jahr weg. Die Förderung von Vortrags- und Kongressreisen, Sommer- und Winterkursen sowie sämtliche weitere Kurzzeitförderungen müssten ebenfalls gestrichen werden. Dies betreffe rund 5000 Personen pro Jahr. Lektorate und Dozenturen an ausländischen Hochschulen könnten nicht nachbesetzt werden; mittelfristig fielen rund 100 der weltweit knapp 450 Standorte weg, an denen Wissenschaftler das deutsche Hochschulsystem vertreten. Bei den Hochschulen werden die Mittel für die Betreuung internationaler Studierender halbiert. Zusätzlich müssen regional ausgerichtete Kooperationsprogramme der deutschen Hochschulen drastische Einbußen hinnehmen, ebenso die Germanistikförderung und die DAAD-Alumniarbeit. »Wir sehen diese drohenden Einschnitte mit großem Bedauern und mit ernsthafter Besorgnis. Sie konterkarieren die konzeptionell richtigen Festlegungen und finanziellen Zusagen im Koalitionsvertrag der Bundesregierung«, sagt Mukherjee. »Wir hoffen, dass die Kürzungen im weiteren parlamentarischen Verfahren der Haushaltsaufstellung zurückgenommen werden.« Dies fordern auch 3200 Erstunterzeichner in einem offenen Brief an Außenministerin Annalena Baerbock. Unterschrieben haben ihn auch Gießener Wissenschaftler - u.a. die Professoren Birte Christ, Institut für Anglistik, Dorothée de Nève, Politikwissenschaft, Michael Knipper, Institut für Geschichte der Medizin, Stefan Peters, Friedensforschung.

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