Eine Hommage an Uwe Lischper

Das Krimifestival ging in die Verlängerung. Und es fand mit Sascha Gutzeits Auftritt im Ulenspiegel einen würdigen Abschluss.
Die »Crimetime mit Sascha Gutzeit« musste, der kleine miese Virus hatte zugeschlagen, von Mitte Oktober auf den Nachholtermin am letzten Montag verschoben werden und geriet zu einer liebevollen Hommage an den vor zwei Monaten verstorbenen Krimifestivalvater Uwe Lischper und rundete so das diesjährige Festival wunderbar ab.
Am Anfang stand eine gemeinsame Idee von Gutzeit und Lischper. Warum nicht von den Leichen singen und die Toten nach Noten würdigen? Gesagt, getan. Der mit allen musikalischen Wassern gewaschene Alleinunterhalter - »Ich bin der Sascha ohne Band« singt dieser gleich zu Anfang - hatte in seinen Archiven gewühlt, alte Lieder hervorgekramt, aufpoliert und neue Stückchen dazu getextet und vertont. Ein Programm, wie er sagt, welches gleichzeitig Generalprobe, Premiere und letzte Vorstellung war. Und ab wann ist ein Programm eigentlich ein Programm? Dies sei hier die Frage. Dieses Programm war ein Programm, und zwar ein fulminantes. Humorvolle, ironische Songs von Mördern, Dealern, Opfern, Taxifahrern, der »Rastafahndung« und den Großeltern. Blues, Reggae, Shuffle. Alles wie aus dem Ärmel geschüttelt. Es rockt, es swingt und bierernste Liedermacher werden liebevoll durch den Kakao gezogen. Und Gutzeit, im besten Sinne Rampensau, frisst sein Publikum aus der Hand. Es singt mit, schnippt mit, antwortet ihm (»Rompti Dompti!«), trägt diesen durch den Abend und lässt sich vom ihm tragen.
Krimi-Afficionado und Rampensau
Gutzeit ist Krimi-Afficionado, sozialisiert von seinen Krimis schauenden Großeltern, auf deren Sofa er länger aufbleiben durfte als bei seinen Eltern, am Eierlikörchen der Oma nippen konnte, Opas Zigarrenrauch einatmend, und so Edgar Wallace, Francis Durbridge und Kommissar Freytag kennenlernte. Also singt er vom Phantom mit der Maske, der fiesen Patsche und dem grünen Umhang und man sieht den Opa vor sich, wie er die Zimmerantenne richtet, um ein schärferes Bild im alten SABA-Fernseher zu schaffen. Oder widmet den metropolischen Provinzen dieser Welt den Song von der Dorfpolizei, die gerne mal Fünfe grade sein lässt, vergisst dabei nicht zu erwähnen, dass der leitende Dorfbulle er selber ist. Und »boogiet« von einem Gangster in Zagreb, der die Augen von Horst Tappert hat.
Dann liest Sascha Gutzeit. Hat eigens für dieses Programm einen Text geschrieben. Der handelt davon wie ein junger Alleinunterhalter erstmals nach Gießen kommt. Im Hotel am Ludwigplatz empfängt ihn Frau Fink, die ihn schon lange zu kennen scheint. Der junge Mann, alle nennen ihn Sascha Gutzeit, der aber sei er doch gar nicht, flieht ins Dachcafé, schaut sich Gießen von oben an. Zurück im Hotel klopft es an der Tür. »Ah! Guten Abend, Herr Lipscher!« Dann sitzt er in einem alten Volvo, der über den Seltersweg brettert und ihn am Ulenspiegel ablädt. »Und jetzt unterhalte das Publikum!«, sagt der Lipscher, der eigentlich Lischper heißt, zu ihm. Und das tut Sascha Gutzeit nun schon seit Jahren. Mit diesem Programm irgendwie auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Und singt als Zugabe ein melancholisches »Du bist nicht da.« Dank und Hommage.
An- sowie Abmoderation von Anna Lischper ließen erkennen, dass das Krimifestival in gute und kompetente Hände übergehen könnte. Vielleicht ist nach dem Krimifestival vor dem nächsten Krimifestival. Wäre schön.