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Ein Weg der Erinnerung

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Von: Klaus-Dieter Jung

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Der beliebte Rad- und Fußweg in Wieseck heißt nun offiziell Ludwig-Katz-Weg. © Klaus-Dieter Jung

Gießen-Wieseck (rc). Der schmale Asphaltweg, der von der Ringallee am unteren Ortsrand von Wieseck bis zur Philosophenstraße führt, ist eine der vielbefahrenen Radrouten in der Stadt Gießen und ein gut frequentierter Spazierweg. Trotz seiner Beliebtheit hatte der Weg bislang keinen Namen. Auf Vorschlag des städtischen Beirats zur Benennung von Straßen und Plätzen wurde die Verbindung nun aber nach dem Wiesecker Arzt Dr.

Ludwig Katz benannt, nachdem auch die Stadtverordneten und der Ortsbeirat Wieseck einstimmig zugestimmt hatten. Am vergangenen Freitag enthüllten Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher und Bürgermeister Alexander Wright gemeinsam die neuen Straßenschilder, zu denen auch eine Erläuterung zur Person gehört.

Katz, der am 9. August 1896 in Wieseck geboren wurde, ging in seinem Heimatort zur Volksschule, später auf das Realgymnasium nach Gießen. Dort legte er 1915 sein Abitur ab. Im ersten Weltkrieg wurde Katz Soldat und für seinen militärischen Dienst sogar ausgezeichnet. »Das schützte ihn aber nicht davor, später vom Dritten Reich vernichtet zu werden«, sagte Oberbürgermeister Becher in seiner Ansprache.

Beliebter Hausarzt

Katz unterhielt nach dem erfolgreichen Medizinstudium Ende der 1920er Jahre in der Keßlerstraße eine Hausarztpraxis. Er machte sich einen guten Namen, war im Dorf hochangesehen, weil er für die Behandlung von kranken und bedürftigen Wieseckern in den damals wirtschaftlichen Krisenzeiten auf sein Honorar verzichtete. 1938 ereilte den jüdischstämmigen Mediziner das Schicksal vieler seiner Kollegen. Er erhielt ein Berufsverbot durch die Nationalsozialisten. Becher erinnerte daran, dass die Novemberprogrome auch in Wieseck wüteten. Die Familie Katz musste ihr Haus verlassen und wurde in das Elternhaus in der Gießener Straße 27 eingewiesen. »Die Drangsalierung und Entrechtlichung mündete schließlich in die Deportation«, erinnerte Becher. Im Dezember 1942 wurde Katz mit seiner Frau und seiner Tochter abgeholt und wahrscheinlich über Darmstadt in das Vernichtungslager Treblinka gebracht, wo sie ermordet wurden. Vor dem früheren Haus mit der Arztpraxis wurden 2008 zum Andenken an die Familie Stolpersteine verlegt.

In Gießen gebe es viele Tage des Erinnerns, sagte Oberbürgermeister Becher. Die Benennung von Straßen halte Namen in Erinnerung, rege öffentlich auch dazu an, »sich mit der Biografie dieser Personen zu beschäftigen«. So auch mit dem Leben von Dr. Katz. Becher machte deutlich: »Mit der Benennung dieses Weges nach ihm und der Einweihung der Straßenschilder wollen wir den Wiesecker Arzt in der kollektiven Gesellschaft der Stadt halten.«

Dass es den Nationalsozialisten nicht gelungen sei, die Erinnerung an Dr. Katz in der Stadt zu vernichten, dafür seien die Straßenschilder ein sichtbares Zeichen, betonte das Stadtoberhaupt.

Der SPD Ortsverein Wieseck hat die Patenschaft für die Schilder übernommen und beteiligte sich beim Aufbau. Dank sagte der OB auch Christel Buseck und Ursula Schröter, die als Mitinitiatoren die Erinnerungen an die Familie Katz wachgehalten haben. Ursula Schröter sprach zum Leben der ausgelöschten Familie.

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