Ein Leben »mitten in der Welt«

Pater Johannes Oelighoff hat seine Heimat-Primiz in St. Bonifatius gefeiert. Warum wird heute noch jemand Priester und schließt sich einem Orden an? Der 32-Jährige spricht im Interview über seinen Glauben, seinen Weg ins priesterliche Leben und sein Verhältnis zur Heimat.
Es ist Brauch, dass ein frisch geweihter Priester seine erste Messe in seiner Heimatgemeinde feiert. Das war aufgrund der pandemischen Lage im vergangenen Jahr kaum möglich, sodass sie nun nachholt wurde: Am Sonntag hat Pater Johannes Oelighoff seine Heimat-Primiz in St. Bonifatius gefeiert; zum Priester geweiht wurde er bereits am 9. Mai 2021.
Wie stark sind Ihre Beziehungen in die Heimat noch?
Meine Eltern, die ich regelmäßig besuche, wohnen in Gießen. Und natürlich bin ich noch an allem interessiert, was sich in Gießen und in St. Bonifatius so abspielt.
Wie und wann ist bei Ihnen der Wunsch gereift, Priester zu werden?
Ich bin in Gießen-Allendorf groß geworden, habe noch zwei jüngere Geschwister und war sehr aktiv bei den Ministranten von St. Bonifatius, meiner Heimatgemeinde. Sehr prägend damals waren die Gespräche mit Pater Helmut Müller für mich gewesen. Er ist Pater der Schönstattbewegung und hat mir wichtige Impulse gegeben. Nach meinem Abitur 2009 an der Liebigschule bin ich zum Zivildienst nach München gegangen und habe erste engere Kontakte zu der Gemeinschaft geknüpft, habe dort in einer WG gewohnt, die von der Schönstatt-Bewegung geleitet wurde und war Teil eines Orientierungsprojekts Lebensschule. In dieser Zeit fiel auch die Entscheidung, welchen Lebensweg ich einschlagen will. Zunächst war der Entschluss da, Priester zu werden und dies mit allen damit verbundenen Konsequenzen. Die Entscheidung, dem Orden beizutreten, kam später. Ich glaube, dass dies der Weg ist, den Gott für mich vorbereitet hat.
Wie verlief ihr Weg zum Priester?
Ich studierte Theologie in München mit zwei Auslandsaufenthalten in Chile, 2019 schloss ich das Studium ab. Das Noviziat startete 2013 mit sieben weiteren jungen Männern. Das Noviziat verläuft über zwei Jahre. Im ersten Jahr lebt man etwas abgeschieden von der Welt, möglichst ohne Störungen von außen. Einmal in der Woche berichtete uns unser Noviziatsbegleiter kompakt über die jüngsten Geschehnisse in der Welt. Ich war noch nie so gut informiert wie damals. In diesem Jahr befasst man sich mit der Spiritualität des Ordens. Im zweiten Jahr geht die Novizengruppe gemeinschaftlich nach außen, denn der Orden versteht sich als eine Gemeinschaft, die mitten im Leben steht.
Sie haben sich für das priesterliche Leben bewusst entschieden. Was hat Sie bewogen, einem beziehungsweise diesem Orden beizutreten?
Die Schönstatt-Bewegung ist da und in vielen anderen Dingen offener strukturiert als Orden im klassischen Sinn. Sie hat keine Klöster, die Mitglieder leben in Gemeinschaften zusammen, aber immer inmitten der Welt. Den Orden und seine Arbeit kannte ich seit meiner Jugendzeit in St. Bonifatius. In der Findungsphase habe ich mich auch über andere Orden informiert, kam aber sehr schnell zu der Erkenntnis, dass die Schönstatt-Bewegung genau die richtige Gemeinschaft für mich ist. Im Übrigen ist die Schönstatt-Bewegung kein Orden im klassischen Sinne. So habe ich kein Ordensgelübte abgelegt. Man könnte die Gemeinschaft, wenn man will, einfacher verlassen als in anderen klösterlichen Gemeinschaften. Allerdings bin und bleibe ich nach wie vor geweihter Priester, mit allen Pflichten und Rechten.
Thema Kritik an der katholischen Kirche. Wie gehen Sie damit um?
Als Priester stehe ich für die katholische Kirche ein, im Guten wie im Schlechten - das Geschehene muss aufgearbeitet werden. Mir ist es wichtig, die Erfahrungen, die Menschen mit der Kirche machen - die positiven, aber auch die negativen - wahrzunehmen und ernst zu nehmen.
Was bewegt Sie?
Mein Anliegen ist es, Orte und Momente zu schaffen, in denen Menschen Gott begegnen können. Daher lautet der Leitspruch meiner Priesterweihe auch: Durch den Glauben wohne Christus in Euren Herzen, in der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet (Epheser 3,17). Danach versuche ich, zu leben und zu handeln.
Wo und woran arbeiten Sie zurzeit?
Aktuell bin ich in einem Pastoralteam in Stuttgart eingesetzt, das vier Gemeinden betreut. Mein Schwerpunkt liegt in der Jugendarbeit. Das ist bis Sommer nächsten Jahres geplant und dann wird man sehen, wohin mich mein Weg führen wird.
