Digitale Serien auf großer Leinwand

Das internationale Festival »Seriale« ist beendet. Sechs Tage lang wurden mit Vorträgen, Workshops und Diskussionen über Web- serien digitale Serien vorgestellt und gewürdigt und intensiver Austausch gepflegt. Zudem wuchs das Netzwerk der Filmer, ob sie nun aus Argentinien oder irgendwo aus Europa kommen. Am Ende stand die Preisverleihung.
Die Seriale ist wieder da«, sagte Oberbürgermeister und Kulturdezernent Frank Tilo Becher in seiner Begrüßung beim ersten Screening. »Es ist einfach großartig, dass man nach zwei pandemiebedingten Onlineausgaben wieder zusammensitzen und die Serien gemeinsam auf der großen Leinwand genießen kann.« Das sahen die Teilnehmer genauso: heftiger Beifall. Becher dankte dem Kinocenter und Theaterleiter Martin Otto für seine Gastfreundschaft. Er würdigte auch das umfangreiche Begleitprogramm um die Serien, das zum wesentlichen Bestandteil geworden sei.
18 Länder, 51 Serien und 12 Pilotfolgen
Aus 18 Ländern kamen die Teilnehmer, 51 Serien und zwölf Pilotfolgen wurden begutachtet, darunter vier Weltpremieren. Hauptsponsor ist die Hessenfilm, die Filmförderung des Landes, die Film- und Medienakademie unterstützte ebenfalls, nicht zuletzt das Gießener Amt für Wirtschaftsförderung; das Ministerium für Wirtschaft und Energie ermöglichte die »Seriale pro«. Größter Dank gebühre jedoch Festivalleiter Csongor Dobrotka, »der das Festival gemeinsam mit Beate Bambauer etablierte« und zu einem der bedeutendsten seiner Art entwickelt habe. Webserienfestivals gibt es in diversen Teilen der Welt, einige Macher dieser Plattformen für unabhängige Filmkunst waren auch anwesend und in Jurys vertreten. Dobrotka fasste sich kurz: »Es ist wirklich wunderbar, Euch alle nach zwei Jahren wieder hier zu sehen.«
Filmemacher, Produzenten und Teilnehmer waren zusammengekommen, um Erfahrungen auszutauschen, die Arbeit der anderen kennenzulernen und über Rechte und Produktionsvereinbarungen zu sprechen. Der größte Saal im Kinocenter war fast voll, als das »Seriale«-Logo aufleuchtete und ein kleiner Querschnitt aus den Produktionen die Vorführung einleitete.
Den Auftakt machte die bemerkenswerte deutsche Dokuserie »Bastard2 Bad Company« (2. Staffel) von Marc Boutter und Marco Eisenbarth (siehe Interview auf dieser Seite). Sie porträtiert vier deutsche Wrestlingprofis in ganz persönlichen Bildern und Aussagen. In weiteren Screenings wurde das enorme kreative Spektrum der »Seriale« deutlich: ob Animation, Horror oder Dokumentation, es war alles dabei. Und natürlich noch ein paar Mal etwas völlig anderes.
Einen großen Teil nahmen Workshops und Podiumsdiskussionen ein, in denen die Macher ihre Serien oder Pilotfolgen den Fachjurys kurz vorstellten (»Pitch«) oder über Entwicklungen, Probleme und Perspektiven ihrer facettenreichen Arbeit diskutierten.
Der glänzende Abschluss begann Sonntag mit einem stilechten Aufmarsch auf dem roten Teppich vorm Restaurant Heyligenstaedt. Auf dem wurden alle Filmer und Fachkräfte fürs Festival fotografiert. Dabei wurden fast ununterbrochen informelle Fachgespräche geführt, und Juroren tauschten sich mit Machern und Darstellern aus. Die sind in diesem Low-Budget-Bereich nicht selten alles in einem: Regisseurin, Hauptdarstellerin, Autorin und zuweilen auch noch Produzentin. Nun war eine arbeitsreiche Woche zu Ende, und es gab zahlreiche Preise zu gewinnen. Die bestanden ausschließlich in Ehrungen, nur der erste Preis für die beste Serie war mit tausend Euro dotiert. Später fand man sich im festlich gedeckten Saal zusammen, um die Preisverleihung wahrzunehmen, auch der OB und Kulturdezernent war dabei und versicherte die Gäste der Wertschätzung der Stadt. Geführt von den Moderatorinnen Kaira Masuhr und Anne Failing lief das formal genauso ab, wie man es von den Oscarverleihungen oder Golden Globe Awards kennt. An die 20 Ehrungen wurden vergeben, ein Verkünder sagte ein paar Worte zum geehrten Projekt, verlas die Namen, und die Kandidaten sagten ein paar Worte. Zwischendurch gab’s jedes Mal starken Beifall. Für den musikalischen Rahmen sorgte das Streichquartett »La Finesse«, das neben knackigen Filmmusikcovers auch stilvolle Spannungsmusik zur jeweiligen Zeremonie lieferte. Die Freude der Geehrten war stets groß, schließlich gehören sie einer Branche an, in der mit riesigem Enthusiasmus und niedrigen Budgets gearbeitet wird und Anerkennung von Kollegen sehr wichtig ist.
Beste Serie kommt aus Russland
Den ersten Preis für die beste Serie erhielten die russischen Filmemacher Anna Zaytseva (Regie) und Egor Vetokhin (Kamera) für »No, you’re stupid!« über zwei Teenagerschwestern. Sie durften sich über eine Dotierung von tausend Euro und Jubel freuen.
Insgesamt eine erfolgreiche Veranstaltung, die von allen Teilnehmern als gewinnbringend eingeschätzt wurde und international anerkannt wird. Die leicht prickelnde Atmosphäre am Abschluss und die eindrucksvolle Vielfalt rundeten sich letztlich zu einem spannenden Abend.
Alle Infos findet man auf www.die-seriale.de. Die Beiträge sollen diese Woche auch auf einem Youtubekanal zu betrachten sein.